Glasfaser: Laufzeit des Vertrags beginnt bei Abschluss, nicht AnschlussÂ
Das Hanseatische Oberlandesgericht hat geurteilt: Die Mindestlaufzeit beginnt auch bei Glasfaserdiensten mit Vertragsschluss – nicht erst mit dem Anschluss.
Oft muss nach Vertragsabschluss das Glasfasernetz erst gebaut werden. Ab wann soll die Vertragslaufzeit gelten?
(Bild: juerginho/Shutterstock.com)
Die zweijährige Mindestvertragslaufzeit für Internetanschlüsse für Verbraucher beginnt auch bei Glasfaser mit dem Abschluss des Vertrags – nicht erst bei tatsächlichem Leistungsbeginn. Das hat das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) in einem von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (VZ NRW) angestrengten Verfahren entschieden.
Da viele Glasfaseranbieter erst dann mit dem Ausbau beginnen, wenn sie in einem Gebiet eine bestimmte Zahl von Kunden vertraglich gebunden haben, kann zwischen Vertragsschluss und Schaltung eines Glasfaseranschlusses einige Zeit vergehen. In dem Fall klagte die VZ NRW gegen die in Hamburg sitzende Deutsche GigaNetz (DGN). Das Unternehmen hält in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) fest: "Die Vertragslaufzeit beginnt mit der Freischaltung des DGN-Anschlusses des Kunden."
"Ăśbereinstimmenden Auffassung"?
DGN beruft sich dabei auf Paragraf 56 Telekommunikationsgesetz (TKG). Dieser legt fest, dass die "anfängliche Laufzeit" eines Vertrages zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste 24 Monate nicht überschreiten darf. Die DGN liest daraus, es bleibe damit bei der "übereinstimmenden Auffassung", dass die Vertragslaufzeit zu dem Zeitpunkt beginne, in dem nach der Übereinkunft der Anbieter die Leistung tatsächlich zur Verfügung stelle. Sonst sei das Unternehmen gezwungen, die Kosten für den Hausanschluss den Endkunden aufzubürden.
Laut der VZ NRW verstößt die Klausel aber gegen Paragraf 309 Nummer 9 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), da sie zu einer bindenden Laufzeit des Vertrages von mehr als zwei Jahren führen könne. Die angeführte BGB-Norm erklärt solche AGB-Ausführungen für unwirksam. Die Verbraucherschützer sehen andernfalls den Wettbewerb beeinträchtigt, da Verbraucher dem Markt über mehr als 24 Monate "nicht zur Verfügung" stünden. Im TKG habe der Gesetzgeber nur Schutzlücken schließen wollen, wenn Laufzeiten individuell vereinbart worden seien. Die von der DGN behauptete lange Dauer bis zur Anschlussfreischaltung verdeutliche gerade, warum eine 24-monatige Bindung ab Vertragsschluss die Höchstgrenze darstellen müsse.
DGN akzeptiert das Urteil nicht
Das OLG stellt in dem jetzt veröffentlichten Urteil vom 19. Dezember (Az.: 10 UKl 1/24) fest, Paragraf 309 BGB sei maßgeblich und werde nicht durch Paragraf 56 TKG als Spezialregelung verdrängt. Der Bundesgerichtshof (BGH) habe 2021 schon eine ähnliche vertragliche Vereinbarung an der BGB-Norm bemessen. Anfängliche Mindestvertragslaufzeiten, die 24 Monate überschreiten, seien unzulässig.
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Da das OLG Köln die Sache unlängst anders beurteilt hat, ließen die Hamburger Richter die Revision zum BGH zu. Diesen Weg will die Deutsche Giganetz nun auch beschreiten. Der Netzbetreiber gehe weiter davon aus, dass das TKG Vorrang gegenüber dem BGB habe, erklärte eine Sprecherin gegenüber heise online. Es sei zulässig, "dass die Mindestvertragslaufzeit erst mit Anschlussaktivierung beginnt", so die DGN-Sprecherin. Der entscheidende Unterschied zwischen Glasfaser- und anderen Serviceverträgen sei, dass der Anschluss zunächst gebaut werden müsse. Es bedürfe bei dem kostspieligen Gesamtvorhaben eines flächendeckenden Glasfaserausbaus einer Planungs- und Rechtssicherheit für alle Parteien.
Die VZ NRW bezeichnet das Urteil als wegweisend, da Anbieter damit das Risiko der Ausbauzeit nicht länger auf die Verbraucher abwälzen dürften. Glasfaserverträge würden häufig schon vor dem Beginn des Netzausbaus abgeschlossen – oft im Rahmen von Haustürgeschäften. Das Legen der Leitungen könne dann mehr als ein Jahr auf sich warten lassen.
(vbr)