USA: Gerichtsprozess zu Mord wegen Rückgriff auf Gesichtserkennung vor dem Aus

In Cleveland wurde der Verdächtige in einem Mordprozess nur dank einer KI-Gesichtserkennung identifiziert. Nun können nicht alle Beweise verwendet werden.

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Justizia

(Bild: Wirestock Images/Shutterstock.com)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

In den USA steht ein Gerichtsverfahren gegen den einzigen Verdächtigen in einem Mordfall vor dem Aus, weil die Polizei bei den Ermittlungen auf eine KI-gestützte Gesichtserkennung zurückgegriffen hat, ohne das transparent zu machen. Das berichtet The Plain Dealer aus Cleveland im US-Bundesstaat Ohio, wo der Fall verhandelt wird. Demnach wurde eine Hausdurchsuchung bei dem Angeklagten von einer Richterin genehmigt, die nicht darüber informiert war, dass die Hinweise auf den Mann einzig von der Gesichtserkennungssoftware stammten. Diese Software werde gleichzeitig mit dem eindeutigen Hinweis vertrieben, dass deren Resultate vor Gericht nicht als Beweise eingebracht werden können.

Wie die Zeitung erklärt, soll in dem Prozess eigentlich geklärt werden, wer am 14. Februar 2024 auf offener Straße in Cleveland einen Mann ausgeraubt und mit zwei Schüssen so schwer verletzt hat, sodass das Opfer wenig später zu Hause verstarb. In den Tagen danach tappten die Strafverfolgungsbehörden demnach im Dunklen, obwohl der Täter von einer Überwachungskamera gefilmt wurde. Die Qualität dieser Aufnahme war aber zu schlecht für eine Identifizierung. Dann sei aber ein 23-jähriger Mann von der Polizei dank einer Überwachungskamera live beim Einkaufen beobachtet worden, und dort meinte man eine Ähnlichkeit zu dem Täter zu erkennen.

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In der Folge wurde eine Kopie der Aufnahme aus dem Supermarkt an eine spezielle Strafverfolgungsbehörde gegeben, die den Einkäufer identifizieren sollte. Dort wurde dann eine Gesichtserkennung mithilfe der umstrittenen Technik von Clearview AI durchgeführt und ein Bericht an die Ermittler zurückgeschickt. Zwei von insgesamt acht Fotos, die die KI entdeckt hat, zeigten demnach eine Person, für deren Wohnung ein Durchsuchungsbeschluss eingeholt wurde. Der zuständigen Richterin wurde aber nicht mitgeteilt, wie der Name dieser Person gefunden worden war und dass die KI-Software sechs weitere Fotos ausgespuckt hat, die offenbar nicht weiterverfolgt wurden. In dem durchsuchten Haus wurde dann unter anderem eine Pistole sichergestellt.

Vor wenigen Tagen hat der zuständige Richter in dem Prozess gegen den Verdächtigen nun entschieden, dass im Rahmen dieser Durchsuchung sichergestellte Objekte vor Gericht nicht zugelassen sind. Das betrifft dem Zeitungsbericht zufolge hauptsächlich die Pistole. Der Richter folgte demnach den Argumenten der Verteidigung, dass diese widerrechtlich konfisziert wurden. Für die Anklage sei es außerdem ein Problem gewesen, dass ein Polizist und eine Polizistin ausgesagt haben, dass sie für den Umgang mit KI keinerlei Training erhalten hatten. Die Anklage hat gegen die Entscheidung Berufung eingelegt, schreibt die Zeitung noch. Sollte dies scheitern, wäre eine Verurteilung des einzigen Verdächtigen nahezu ausgeschlossen, habe die bereits eingestanden.

(mho)