Europäischer Rat fordert stärkere Rolle der Regierungen bei der Netzverwaltung

Zur Eröffnung des 38. ICANN-Treffens in Brüssel hat der Präsident des Europäischen Rates eine stärkere Rolle der Regierungen in der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) gefordert.

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Von
  • Monika Ermert

Der Präsident des Europäischen Rates, Herman van Rompuy, hat eine stärkere Rolle der Regierungen in der Netzverwaltungsorganisation Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) gefordert. Zur Eröffnung des 38. ICANN-Treffens in Brüssel sagte van Rompuy, der Ministerrat begrüße ebenso wie andere EU-Vertreter die von der US-Regierung und der ICANN im vergangenen Jahr verabschiedete Erklärung (Affirmation of Commitments, AoC) zu den Verantwortlichkeiten der ICANN als einen Schritt in die richtige Richtung. ICANN-Präsident Rod Beckstrom wies Forderungen nach mehr Einfluss der Regierungen zurück. Er appellierte an die EU, das ICANN-Modell bei den bevorstehenden Debatten in der UN und bei der International Telecommunication Union (ITU) zu verteidigen.

Das AoC hatte die Aufsichtsrolle der US-Regierung über die ICANN mit international besetzten Ausschüssen ersetzt. Der erste, das sich mit der Transparenz und Rechenschaftslegung der privaten Netzverwalter befasst, hat seine Arbeit mit dem Treffen in Brüssel bereits aufgenommen. Davon unberührt hat die US-Verwaltung durch einen Vertrag mit der Internet Assigned Numbers Authority (IANA) weiter ihre Hand auf der Root-Zone. Neelie Kroes, EU-Kommissarin für die digitale Agenda, übermittelte der ICANN in Brüssel daher auch die Erwartung der Europäer, die IANA aus der US-Kontrolle zu entlassen: "Ich setze darauf, dass das Auslaufen des IANA-Vertrages im kommenden Jahr zum Anlass genommen wird, die internationale Zusammenarbeit im Dienst des öffentlichen Interesses weltweit zu vertiefen."

Die Kommissarin betonte auch die Rolle der Regierungen beim aktuell wichtigsten Projekt der ICANN, der Einführung neuer allgemeiner Top Level Domains (gTLD) wie .berlin, .music, .gay. Einmal eingeführte neue Namen ließen sich kaum wieder tilgen, warnte Kroes. Daher solle man bei der Einführung an mehr als an den unmittelbaren finanziellen Gewinn denken. "Diese Erweiterung zu managen und dabei ein Chaos zu vermeiden wird eine große Herausforderung und es wird ein Test für die Selbstverwaltungsstrukturen der ICANN." Der Regierungsbeirat der ICANN habe dazu schon 2007 Stellung genommen, unterstrich Kroes. Eine mögliche Klarstellung der Rolle des GAC in der ICANN-Satzung steht beim laufenden Treffen in Brüssel bei den Regierungen auf der Tagesordnung.

Ein entschiedenes Votum dafür, die Rolle der Regierungen unverändert zu lassen, kam demgegenüber von der Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Silvana Koch-Mehrin. Das Parlament habe in seiner Entschließung aus der vergangenen Woche festgehalten, dass es keine Verschiebung von Kompetenzen in Richtung Regierungen der öffentliche Verwaltungen geben solle. "Die Wirtschaft soll ihre Führungsrolle weiter spielen, denn von hier kommen notwendige Investitionen, Erfahrung, Unternehmergeist und Initiative." (anw)