Abstürzender Weltraumschrott ernste Gefahr auch für die vollsten Lufträume
Die Wahrscheinlichkeit, dass in einem besonders vollen Luftraum Weltraumschrott abstürzt, liegt bei 26 Prozent pro Jahr. Die Gefahr ließe sich verringern.
(Bild: Nazarii_Neshcherenskyi/Shutterstock.com)
Die Wahrscheinlichkeit, dass auf die Erde stürzender Weltraummüll einen Luftraum mit besonders vielen Flugzeugen trifft, liegt pro Jahr bei 26 Prozent. Das haben drei Forscher der kanadischen Universität von British Columbia ermittelt. Zwar sei die Gefahr, dass dann auch tatsächlich ein Flugzeug getroffen wird, sehr gering – ermittelt haben sie eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 430.000 pro Jahr – aber trotzdem stellten solche Trümmer eine Gefahr dar, auf die die Luftfahrt jeweils reagieren müsste. Die verantwortlichen Raumfahrtunternehmen und -agenturen würden also Kosten und Risiken auf die Allgemeinheit abwälzen, die sich vermeiden ließen.
Risiko kann vermieden werden
Dass abstürzender Weltraumschrott für die Luftfahrt keine rein theoretische Gefahr ist, war bekannt. Für die Allgemeinheit sichtbar wurde das Risiko zuletzt durch die chinesischen Raketen des Typs "Langer Marsch 5B". Bei denen ist kein kontrollierter Rücksturz zur Erde vorgesehen, nach jedem Start ist also teilweise bis wenige Minuten vorher unklar, wo genau die Überreste abstürzen. Wegen solch eines unkontrollierten Absturzes wurde im Herbst 2022 sogar vorübergehend ein großer Teil des spanischen Luftraums komplett für den Flugverkehr gesperrt. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein derart ruhiger Bereich des internationalen Luftraums getroffen wird, liege jedes Jahr gar bei 75 Prozent, schreibt das Forschungsteam.
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Wenn Weltraumschrott in einem besonders geschäftigen Luftraum abstürzt, müsste die verantwortliche Luftfahrtaufsicht jeweils entscheiden, ob das – geringe – Risiko eingegangen wird oder Flugzeuge umgeleitet werden müssen. "Aber warum müssen das die Behörden überhaupt entscheiden?", fragt der Co-Autor und Physiker Aaron Boley. Unkontrollierte Abstürze seien keine Notwendigkeit, sondern Folge von Designentscheidungen. Die gesamte Industrie könnte auch Raketen benutzen, die kontrolliert über abgelegenen Gebieten abstürzen. So wie das bereits viele machen. Solange das aber nicht vorgeschrieben ist, werde es nicht zum Standard.
Wie gefährlich solche Abstürze sein können, wurde erst Anfang des Jahres kurz nach dem Teststart der Riesenrakete Starship des US-Unternehmens SpaceX deutlich. Deren Oberstufe war explodiert, die Trümmer stürzten dann nördlich von Puerto Rico nicht nur ins Meer, sondern vereinzelt auch auf die Turks- und Caicosinseln. Auch da mussten Flugzeuge umgeleitet werden. Mit der stetig zunehmenden Zahl von Raketenstarts wird das Risiko immer weiter wachsen und die Politik müsse tätig werden, meinen die Forscher jetzt. Ihre Forschungsarbeit stellen sie im Fachmagazin Scientific Reports vor.
(mho)