KI-Gipfel in Paris: Zwischen Wettrüsten und Wetten auf die Zukunft

KI-Spitzenpersonal und Politiker aus aller Welt tagen auf dem AI Action Summit in Paris. Dabei geht es auch um die Frage, welche Rolle Europa künftig spielt.

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Der Grand Palais in Paris

Der Grand Palais in Paris ist Tagungsort des dritten internationalen KI-Gipfels

(Bild: Élysée)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Sommet de l’IA – auf Französisch schmeichelt das Wort KI-Gipfel den Ohren des Zuhörers doch gleich weit mehr als das hart klingende englisch- oder deutschsprachige Pendant. Um harte Fragen wie die nach dem riesigen Energieaufwand und der CO₂-Bilanz kommt das französische Gipfeltreffen, das am Montag und Dienstag in Paris stattfindet, freilich trotzdem nicht herum. Vor allem aber stellt sich die Frage: Welche Rolle spielt überhaupt Europa in der Entwicklung Künstlicher Intelligenz, außer dass es in diesem Falle Spitzenkräfte aus den USA und aus aller Welt versammelt?

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach laut der französischen Zeitung Le Monde von einem "europäischen Weckruf". Nicht nur, dass Frankreich 109 Milliarden Euro investieren wolle – er kündigte zudem eine europäische Strategie an, die am Dienstag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen präsentiert werden soll. Europa habe Wettbewerbsvorteile, behauptet Macron.

Macrons Antwort auf die CO₂-Bilanz-Frage lautet: Kernkraft. Davon stünde in Frankreich genügend zur Verfügung. Mit der KI sei das ansonsten wie mit dem Wiederaufbau von Notre Dame: Man habe dem Rest der Welt gezeigt, dass man das zeitig hinbekomme und dafür Verfahren vereinfacht werden. Vor allem letztgenanntes dürfte eine Schlüsselrolle in der regulierungsfreudigen EU spielen.

“Europa bedauert die Regulierung”, befindet die New York Times in einem Résumé des ersten Tages. US-amerikanische KI-Chefs äußerten dem Bericht zufolge die Ansicht, dass Europa ein schwieriges Umfeld sei, um Geschäfte zu tätigen. Das scheint auch Macron so zu sehen, der forderte, dass sich Europa an die internationalen Gegebenheiten anpassen müsse.

Beim KI-Gipfel in Paris zählen unter anderem die Chefs von OpenAI (Sam Altman), Google DeepMind (Demis Hassabis) und Anthropic (Dario Amodei) zu den Gästen. Die Weltpolitik ist unter anderem mit US-Vizepräsident JD Vance und Indiens Premierminister Narenda Modi prominent vertreten. Es ist der insgesamt dritte AI Summit, der jedes Jahr in einem anderen Land stattfindet, zuvor in Großbritannien und Südkorea.

Die dritte Auflage in Frankreich findet inmitten wachsender internationaler Spannungen statt. Die jüngst aufgekommene Aufregung in den USA über das chinesische generative Sprachmodell DeepSeek zeigt exemplarisch auf, wie sehr die Nerven im technologischen Wettrüsten blank liegen. Der Erfolg Chinas, ein KI-Modell mit deutlich weniger Aufwand gleichwertig trainiert zu haben, ist folglich auch in Paris Thema. Anders als in den USA sehen Europäer darin offenbar eher einen Hoffnungsschimmer, technisch aufschließen zu können, ohne die Ressourcen hineinzustecken, die in den USA zum Beispiel gerade mit dem Projekt Stargate in Bewegung gesetzt werden. Die Risiken der KI seien, so sagen es Beobachter, in den Hintergrund gerückt – stattdessen wird lieber über Chancen gesprochen, etwa in der Medizin- und Klimaforschung.

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Auf zwei große Fragen kann aber auch das Treffen der Spitzenkräfte keine Antwort geben. Die eine lautet, wie die neue US-Regierung um Präsident Donald Trump sich im Hinblick auf KI positionieren wird. Bislang sind die Aussagen widersprüchlich. Die Rede von JD Vance könnte hier für mehr Klarheit sorgen, doch Beobachter erwarten, dass Festlegungen unter Trump nicht unbedingt verlässlich sein werden.

Die zweite Frage betrifft die Allgemeine Künstliche Intelligenz, die sogenannte AGI, die es mit dem Menschen aufnehmen oder ihn sogar übertreffen kann. Sie könnte in Dienstleistungsbranchen zu erheblichen Veränderungen führen. Die KI-Chefs erwarten sie in spätestens fünf Jahren. Doch wie sich die Menschheit darauf einstellt, welche Regeln und Rahmenbedingungen sie vielleicht vorher schon aufstellen sollte – diese Frage umschifft der Gipfel laut Beobachtern und konzentriere sich lieber auf die KI der Gegenwart.

(mki)