Neues Heilverfahren für zerstörte Nerven

US-Forscher wollen Lähmungen mit einem neuartigen Zuchtverfahren für Nervenfortsätze verhindern helfen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 41 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Die in der Petrischale in zwei Reihen angeordneten schwarzen Pünktchen, zwischen denen haarfeine Fäden verlaufen, sehen auf den ersten Blick eher unscheinbar aus. Jeder schwarze Punkt ist ein Konglomerat aus Tausenden von Nervenzellen, erklärt Professor Douglas Smith von der Universität von Pennsylvania. Die Fäden wiederum bestehen aus Tausenden von Axonen, Nervenfortsätzen, die hereinkommende elektrische Signale zu benachbarten Nerven- oder Muskelzellen weiterleiten. Die in seinem Labor gezüchteten Nervenbündel sollen, so hofft der Neurochirurg, bisher irreparable Nervenschäden überbrücken helfen, berichtet Technology Review in seiner neuen Ausgabe 07/10 (seit dem 24. 6. am Kiosk oder online portokostenfrei bestellbar).

Solche Schäden entstehen, wenn etwa ein Armnerv durchtrennt oder stark gequetscht wird, denn der armseitige Teil stirbt ab. Das hat fatale Folgen: Die Muskeln, denen er zuvor Steuerimpulse gegeben hat, werden gelähmt. Wie aber züchtet man im Labor in kurzer Zeit lange Nervenersatzstücke? Smith hat herausgefunden, dass leichte Zugkräfte, die allmählich gesteigert werden, die Lösung sind. Sein Team hat es geschafft, Nerven durch künstliches Strecken fast hundertmal schneller wachsen zu lassen, als nach der gängigen Lehrmeinung möglich war. In einer Pilotstudie entfernte Smith dazu 40 Ratten aus dem Ischiasnerv eines Beins jeweils ein Stück von einem Zentimeter Länge.

Das Ergebnis des Pilottests weckt große Hoffnungen: Smith zufolge gewannen fast alle der Versuchstiere innerhalb von vier Monaten die Beweglichkeit ihres Beins wieder – ein starker Hinweis darauf, dass die gefährdete Nervenscheide lange genug am Leben erhalten worden war. Darüber hinaus hat Smith gezeigt, dass die Streckmethode auch bei menschlichen Nerven gut funktioniert. In den kommenden zwei Jahren, so hofft er, sollen die ersten klinischen Versuche mit Patienten starten.

Mehr zum Thema in Technology Review online:

(bsc)