Festplatten-Betrug: Gebraucht, refurbished, generalüberholt und rezertifiziert
Beim aktuellen Betrugsfall um Seagate-Festplatten geht es ausschließlich um gebrauchte Festplatten, die als neu verkauft werden. Ein Versuch der Entwirrung.
(Bild: hispan/Shutterstock.com)
Eine neue Festplatte ist neu, also null Stunden gelaufen, die SMART-Werte sind bei null, die SMART-Logs leer, und bei Seagate-Laufwerken sind auch die FARM-Werte bei null. Bei den aktuellen Betrugsfällen um Seagate-Festplatten aber sehen die Laufwerke nur auf den ersten Blick neu aus; laut ihren FARM-Werten sind sie schon viele tausend Stunden gelaufen.
Damit sind die Laufwerke also gebraucht, wenn auch mit gelöschten SMART-Werten. Refurbished, würden manche sagen, recertified andere. Und damit geht die Verwirrung los.
Die Begriffe recertified (rezertifiziert) und refurbished (manchmal auch generalüberholt) werden oft synonym verwendet, obwohl sie unterschiedliche Bedeutungen haben. Recertified bezieht sich in der Regel auf Festplatten, die vom ursprünglichen Hersteller (Seagate oder Western Digital) aufgearbeitet und erneut zertifiziert wurden. Diese Laufwerke durchlaufen strenge Tests und sollten in der Theorie in einem Zustand sein, der dem eines neuen Laufwerks entspricht.
(Bild: Seagate)
Dass Toshiba in dieser Aufzählung fehlt, hat einen einfachen Grund: Nach eigenen Angaben verkauft Toshiba keine werksüberholten Festplatten. Bei Western Digital haben wir auf der Website ebenfalls keine werksüberholten internen Laufwerke gefunden, lediglich externe Modelle. Einige Händler aber haben solche Laufwerke durchaus im Angebot. Western Digital hat auf unsere diesbezügliche Anfrage bislang nicht reagiert. Seagate verkauft in den USA rezertifizierte Laufwerke über Ebay.
Rezertifizierte Laufwerke sind manchmal nicht nur "so gut wie neu", sondern tatsächlich unbenutzt. Es ist üblich, dass Unternehmen Festplatten in großen Mengen kaufen und dann einige Laufwerke zurückgeben, die entweder nicht ordnungsgemäß funktionieren oder einfach überschüssig sind. Diese Laufwerke werden dann vom Hersteller erneut zertifiziert und in der Regel mit nahezu null echten Betriebsstunden verkauft.
Refurbished
Im Gegensatz dazu können refurbished Laufwerke von Drittanbietern aufgearbeitet worden sein. Die Qualität dieser Laufwerke kann erheblich variieren, je nachdem, wie gründlich der Verkäufer bei der Überarbeitung und Prüfung des Laufwerks war. Ein gewissenhafter Verkäufer unternimmt viele der gleichen Schritte, die auch der Hersteller durchführen würde, etwa die Aktualisierung der Firmware, das Zurücksetzen der SMART-Statistiken und die Durchführung verschiedener Tests. Weniger seriöse Anbieter könnten jedoch deutlich weniger tun, etwa nur die Daten vom Laufwerk löschen und die Festplatte auf grundsätzliche Funktion überprüfen, bevor sie diese weiterverkaufen.
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Gebraucht oder generalüberholt
Eine gebrauchte Festplatte dürfte sich von einer generalüberholten Festplatte nur wenig unterscheiden. Bei der gebrauchten sind vielleicht die SMART-Werte nicht zurückgesetzt, aber das ist womöglich eher ein Vor- als ein Nachteil. Denn so kann ein Käufer ohne Umwege sehen, wie viele Stunden die Platte bereits hinter sich hat. Garantieleistungen bekommt man bei einer gebrauchten Platte jedoch kaum.
(Bild: Pascal K.)
Manche Anwender kaufen explizit rezertifizierte Laufwerke, weil diese ihren Burn-in bereits hinter sich haben. Sie sind eventuell schon viele Stunden gelaufen und haben damit die typische Ausfallhäufigkeit am Anfang ihrer Nutzung überstanden – häufig bezeichnet man die Ausfallhäufigkeit als Badewannenkurve, weil die meisten Ausfälle am Anfang und am Ende der Nutzungszeit passieren.
In den Statistiken des Cloud-Anbieters Backblaze finden sich mittlerweile allerdings immer weniger Laufwerke, die nach kurzer Zeit ausfallen – wahrscheinlich wird die Qualitätskontrolle der Hersteller immer besser. Daher würden wir diesen Grund für den Kauf rezertifizierter Laufwerke heute nicht mehr unbedingt gelten lassen.
Gebraucht ist gebraucht
Ein Grund für den Kauf rezertifizierter Laufwerke kann der Preis sein. Lassen Sie sich jedoch nicht von den Bildern auf den Webseiten der Händler blenden: Manche nutzen für ihre gebrauchten Festplatten Bilder von rezertifizierten Laufwerken – wichtig ist, was auf der Rechnung steht. Machen Sie zur Sicherheit immer einen Screenshot des Angebots.
Die Hersteller geben auf rezertifizierte Laufwerke im Allgemeinen ein halbes Jahr Garantie. Die Garantie auf gebrauchte Laufwerke ist vom Anbieter abhängig.
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(ll)