Sturmflut-KI: Machine Learning kann beim Küstenschutz helfen

Die Universität Hamburg hat eine KI trainiert, um die Häufigkeit und die Höhe von Sturmfluten vorherzusagen. Dies könne beim Küstenschutz helfen.

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Leichte Sturmflut in Wilhelmshaven

Eine von der Universität Hamburg entwickelte KI soll die Häufigkeit und Höhe von Sturmfluten für einzelne Orte vorausberechnen können (im Bild: der Helgoland-Kai in Wilhelmshaven).

(Bild: mki / heise online)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Forschern der Universität Hamburg ist es gelungen, eine Künstliche Intelligenz so zu trainieren, dass sie recht zuverlässig die Häufigkeit und Höhe von Sturmfluten in den nächsten zehn Jahren vorhersagt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse könnten nutzbringend für Küstenschutz, Deichbau und eine sichere Infrastruktur sein, heißt es in einer Mitteilung. Die Ergebnisse der dazugehörigen wurden im Fachmagazin Geophysical Research Letters veröffentlicht.

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Untersucht wurden vor allem drei Orte: Cuxhaven in Deutschland, Esbjerg in Dänemark und Delfzijl in den Niederlanden. Das Team um Dr. Daniel Krieger vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit trainierte dazu ein neuronales Netzwerk mithilfe von Wetterdaten und dem vom Max-Planck-Institut für Meteorologie entworfenen traditionellen Klimarechenmodell MPI-ESM.

Das Team nutzte für die Analyse die stündlich gemessenen Wasserstände eines Ortes, die seit Jahrzehnten erhoben werden. Für Cuxhaven existierten rund 700.000 Messwerte, ermittelt seit dem Jahr 1940. Mit diesen Werten, Wetterkarten und Luftdruckdaten fütterten die Forschenden ein statistisches Modell, dessen Algorithmus selbst lernen kann. Das Modell erfuhr dabei nur 80 Prozent der Daten. Der Rest blieb geheim, um das Modell später zu testen. Anschließend verknüpfte das Team 10-Jahres-Vorhersagen mit dem KI-Modell, um gezielte Prognosen für einen Ort zu erhalten.

Die Prognosen erwiesen sich laut Universität als verlässlich. So wurden etwa in den letzten zehn Jahren in Cuxhaven durchschnittlich 11,6 Sturmfluten pro Jahr registriert. Das Modell kam für denselben Zeitraum auf jährlich 12,8 Sturmfluten, mit einem Toleranzbereich von 1,6 Sturmfluten nach oben und unten. Die beste Vorhersagequalität wurde für Delfzijl erreicht – hier betrug die Übereinstimmung mit den Beobachtungen 83 Prozent.

Vorhersagen für einzelne Jahre erwiesen sich laut der Studie hingegen als wenig zuverlässig. Die Vorhersagen für Zeiträume von sieben bis 10 Jahren waren dagegen deutlich besser. “Bis 2029 bleibt der Wert mit 12 Sturmfluten jährlich ähnlich”, sagt Krieger. Anders bei der Höhe der Fluten: “Während die höchste jährliche Sturmflut der letzten zehn Jahre im Schnitt bei 2,5 Metern lag, zeigt unser Modell für die kommenden fünf Jahre im Mittel drei Meter an.”

Laut Universität konnte bislang anhand von Klimamodellen errechnet werden, ob in Zukunft mehr Stürme im Bereich der Nordsee entstehen – nicht aber, wie sie sich an bestimmten Küstenorten auswirken werden. Dass dies jetzt möglich ist, ermögliche Erkenntnisse für den Küstenschutz und den Deichbau, und sei angesichts des Meeresspiegelanstiegs von großer Bedeutung.

Bemerkenswert ist auch die Rechenzeit. Diese betrage für eine Prognose nur eine Sekunde. Das sei mehrere hundertmal schneller als klassische Klimamodelle. Herausforderungen sind laut dem Papier, dass nur für Orte mit langen historischen Messdaten trainiert werden kann. Zudem seien die Wechselwirkungen zwischen Gezeiten und Sturmfluten nicht vollständig erfasst. Ein weiterer Faktor sind vom Atlantik kommende starke Strömungen.

(mki)