Microsoft bezeichnet neuen Majorana-Chip als Durchbruch fĂĽr Quantencomputing
Majorana 1 ist laut Microsoft der erste Quantenprozessor basierend auf topologischen Qubits. Der Chip soll enorm leistungsfähige Quantencomputer ermöglichen.
Quantenprozessor Majorana 1
(Bild: Microsoft)
Microsoft hat mit dem Majorana 1 einen neuen Quantenprozessor vorgestellt, der in wenigen Jahren die Basis enorm leistungsfähiger Quantencomputer darstellen soll. Mit diesen könnten wissenschaftliche und medizinische Probleme, deren Berechnungen mit herkömmlichen Computern Jahre dauern würden, innerhalb deutlich kürzerer Zeit gelöst werden. Microsoft will dies anhand neuer Materialien und einer neuen Architektur schaffen. Der neue Chip basiert auf topologischen Qubits, die den Kern von Quantencomputern darstellen.
Daran forscht Microsoft bereits seit vielen Jahren. Schon 2018 hatten Wissenschaftler von Microsoft Quanten-Labor nach eigenen Angaben erstmals sogenannte Majorana-Zustände in Festkörpern nachgewiesen. Die Quasi-Teilchen sollten, so die Pläne von Microsoft, sehr viel robustere Qubits ermöglichen als in herkömmlicher Quanten-Hardware. Doch drei Jahre später erfolgte der Rückschlag für Microsofts Quantencomputing-Pläne. Die Autoren mussten einräumen, ihre ursprüngliche Datenanalyse sei "unzureichend wissenschaftlich fundiert", und zogen ihre Ergebnisse wieder zurück.
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Doch jetzt zeigt sich Microsoft überzeugt, einen Durchbruch bei der Entwicklung von Quantencomputern erzielt zu haben. Eine Million Qubits könnte in einem einzigen Majorana-Chip untergebracht werden, der nicht größer ist als bisherige Server- und PC-Prozessoren. Dabei werden aber keine Elektronen verwendet, sondern Majorana-Partikel. Die Existenz solcher Teilchen wurde bereits 1937 von dem italienischen Physiker Ettore Majorana postuliert, denn sie erfüllen die grundlegenden Gleichungen der Quantenmechanik. Bis heute wurden jedoch nur Indizien für ihre Existenz gefunden – nicht die Teilchen selbst.
Microsofts topologischer Supraleiter
Nun will Microsoft den weltweit ersten "Topoconductor" konzipiert haben, einen topologischen Superconductor (Supraleiter), der Majorana-Partikel erstmals erschaffen und kontrollieren kann. Das soll verlässliche Qubits ermöglichen. Microsoft beschreibt die Forschung in einem Nature-Artikel. Demnach verwenden die topologischen Qubits ein neues Material aus Indiumarsenid und Aluminium. Bislang verwendet Microsofts Majorana 1 lediglich acht dieser neuartigen Qubits, aber dies soll auf eine Million Qubits skaliert werden können.
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Gleichzeitig will Microsoft damit die Entwicklung sinnvoller Quantencomputer deutlich beschleunigen. Anfang dieses Jahres hatte Nvidia-Chef Jensen Huang zum Rennen um Quantencomputer noch erklärt, es werde vermutlich noch 20 Jahre dauern, bis Quantencomputer wirklich nützlich werden. Doch Microsoft verspricht jetzt, einen fehlertoleranten Prototyp des eigenen Quantenprozessors basierend auf topologischen Qubits in einigen Jahren präsentieren zu können, nicht in Jahrzehnten.
Quanten-Experten vorsichtig optimistisch
Experten sind laut BBC aber noch vorsichtig bei der Einschätzung der Microsoft-Forschung und des Effekts auf Quantencomputing. Zunächst müssten weitere Daten gesammelt werden. Zwar könnte Microsoft jetzt Prototypen schneller entwickeln, aber es liegt noch einiges an Arbeit vor ihnen, sagte Travis Humble, Leiter des Quantum Science Center des Oak Ridge National Laboratory in den USA. "Um die langfristigen Ziele für die Lösung industrieller Anwendungen auf Quantencomputern zu erreichen, müssen diese Prototypen noch weiter skaliert werden", fügte er hinzu.
Auch Professor Paul Stevenson der britischen Universität von Surrey zeigt sich vorsichtig. Die von Microsoft vorgelegte Forschung ist ein "bedeutender Schritt", aber es gibt noch harte Herausforderungen. "Bis die nächsten Schritte erreicht sind, ist es zu früh, mehr als vorsichtig optimistisch zu sein", meinte er. Positiver gestimmt ist Chris Heunen, Professor für Quantenprogrammierung der Universität Edinburgh. Er bezeichnet Microsofts Pläne als "glaubwürdig" und erklärt: "Dies ist ein vielversprechender Fortschritt nach mehr als einem Jahrzehnt voller Herausforderungen und die nächsten Jahre werden zeigen, ob dieser spannende Fahrplan aufgeht."
(fds)