Cloud-Anbieter: Wechsel kostet öffentliche Unternehmen bis zu 120 Millionen Euro

Ă–ffentliche Unternehmen haben laut einer Studie beim Cloud-Anbieter-Wechsel Mehrkosten bis zu 120 Millionen Euro. Die Forscher sehen "unfaire Lizenzvergabe".

vorlesen Druckansicht 19 Kommentare lesen
Rechenzentrum

(Bild: Gorodenkoff / shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis
close notice

This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Öffentliche Unternehmen zahlen in Deutschland jährlich bis zu 120 Millionen Euro zu viel für ihre Cloud-Dienste. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Zentrums für nachhaltige Transformation (ZNT) der Quadriga-Hochschule Berlin. Den Grund dafür sehen die Forscher in den Regulierungsbehörden, die nicht ausreichend gegen die "unfaire Lizenzvergabe auf dem deutschen Cloud-Markt" vorgegangen seien. Außerdem mache der verzerrte Wettbewerb die Unternehmen langsam und ineffizient, erklärt ZNT-Direktor Torsten Oltmanns.

Derzeit nutzen der Studie zufolge in Deutschland etwa vier von fünf öffentlichen Unternehmen eine Cloud-Dienstleistung. Parallel dazu erwarten etwa 80 Prozent der Befragten innerhalb der kommenden fünf Jahre einen Anstieg der damit verbundenen Kosten. Aktuell machen Cloud-Anwendungen etwa ein Viertel des IT-Budgets aus. In rund 70 Prozent der befragten Unternehmen waren nach einem Wechsel des Cloud-Anbieters neue Softwarelizenzen nötig. Die Kosten dafür lagen zwischen 27 und 120 Millionen Euro.

In diesem Betrag sind noch nicht die Mehrkosten eingerechnet, die den öffentlichen Unternehmen entstehen, die wegen restriktiver Lizenzbedingungen den Cloud-Anbieter bislang nicht wechseln konnten. Für 60 Prozent der Befragten lohne sich ein Wechsel aus wirtschaftlichen Gründen nicht. Weiterhin erachten etwa ein Viertel die Lizenzbedingungen der Dienstleister als intransparent. Den Unternehmen fehle es wegen strenger Verschwiegenheitsvorschriften an einem finanziellen Vergleich, so Oltmanns gegenüber dem Behördenspiegel.

Indes verweist der ZNT-Direktor auf das Bundeskartellamt. Es sei für die Kontrolle der Marktmacht großer Digitalanbieter verantwortlich, welche die Wahlfreiheit bei Cloud-Diensten einschränken, und müsse einen fairen Wettbewerb in der Digitalbranche sicherstellen. Die Regulierungsbehörden anderer Staaten, darunter Spanien, Dänemark und Großbritannien, seien bei der Untersuchung der Cloud-Anbieter und ihrer Lizenzbedingungen schneller gewesen.

Videos by heise

Bereits im Jahr 2022 kündigte die britische Wettbewerbsaufsicht an, den Markt für Cloud-Dienstleister zu prüfen. Sie veröffentlichte Ende Januar ihre vorläufigen Ergebnisse und kommt zu dem Schluss, dass es technische und wirtschaftliche Hindernisse gibt, die es Kunden erschweren, zwischen Anbietern zu wechseln und sie somit an ihre ursprüngliche Wahl gebunden sind. Darüber hinaus erkannte die Behörde, dass Microsoft mit Office und Teams seine starke Position im Softwaresektor nutzt, um Konkurrenten den Wettbewerb zu erschweren.

Auch auf europäischer Ebene fielen die Praktiken des US-Konzerns negativ auf. So hatte sich der Cloud-Branchenverband CISPE bei der EU-Kommission unter anderem über die Vertragsklauseln von Microsoft Azure beschwert. Nachdem das Unternehmen die Klauseln geändert und die Rechtskosten übernommen hatte, zog der Verband die Beschwerde zurück. Zuletzt verließ Microsoft-Konkurrenz AWS den CISPE-Vorstand, nachdem der Verband entschieden hatte, dass nur noch europäische Unternehmen im Vorstand vertreten sein dürfen.

Angesichts dieser Entwicklung warnt auch Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, vor einer zunehmenden Marktkonzentration der Cloud-Dienstleister. ZNT-Direktor Oltmanns sieht derweil die Politik in der Pflicht. Die Behörde verfüge bereits über die notwendigen Rechte, müsse aber nun handeln. "Die nächste Bundesregierung sollte das Bundeskartellamt in die Lage versetzen, diese Missstände abzustellen", mahnt er. Es gehe um Wachstum, Innovation und effiziente Bedingungen für die Unternehmen.

(sfe)