Künstliche Intelligenz in der Medizin: Ärztekammer verfasst Stellungnahme

Die Bundesärztekammer hat eine Stellungnahme zum Thema Künstliche Intelligenz verfasst. Sie soll Kosten und Arztzeit einsparen und die Versorgung verbessern.

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Arzt an Laptop

(Bild: TippaPatt/Shutterstock.com)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Die Bundesärztekammer (BÄK) hat in ihrer Stellungnahme "Künstlichen Intelligenz in der Medizin" deren Chancen und Herausforderungen analysiert, wie zuerst das Ärzteblatt berichtete. Demnach spiele Künstliche Intelligenz (KI) eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung des Fachkräftemangels und der steigenden Zahl multimorbider Patienten. Dabei sei auch mit Kostenersparnissen zu rechnen.

KI-Systeme können in verschiedenen Bereichen der Medizin eingesetzt werden, bei den bildgebenden Verfahren kommt sie bereits seit Jahren zum Einsatz, teilweise sogar als Zweitmeinung. Durch maschinelles Lernen können KI-Algorithmen Muster in großen Datensätzen erkennen und helfen, Krankheiten schneller zu diagnostizieren. Mithilfe von KI ist eine bessere Diagnosestellung in Bereichen wie Pathologie, Radiologie und Dermatologie möglich. Ebenso hofft die Bundesärztekammer beispielsweise dank der Analyse Gendaten auf eine personalisierte Medizin. Virtual Reality komme bereits im Operationssaal zum Einsatz, ebenso Pflegeroboter, die das Klinikpersonal unterstützen.

Krankenhäuser könnten zudem zu "intelligenten" Einrichtungen mit effizienteren Prozessen in den Bereichen Diagnostik und Interventionsplanung weiterentwickelt werden. Dabei verweist die Ärztekammer auf ein bereits bestehendes Projekt der Universitätsmedizin Essen. Dort werden anfallende Daten, etwa aus der Anamnese, aus Laboruntersuchungen oder aus der Bildgebung, "datenschutzkonform und interoperabel" erhoben und in einer "digitalen Patientenakte auf der Smart Hospital Information Platform (SHIP) zusammengeführt" und dienen dann etwa zur weiteren Entwicklung von KI-Systemen. Zudem kann KI sich wiederholende Aufgaben im Gesundheitswesen wegautomatisieren, beispielsweise bei der Dokumentation.

"Am Universitätsklinikum Bonn wird mit dem Innovative Secure Medical Campus ein auch auf andere Kliniken übertragbares Digitalisierungs- und KI-Konzept entwickelt", steht zudem in der Stellungnahme. Insgesamt könne KI für eine bessere Kommunikation und Koordination zwischen dem ambulanten und stationären Bereich sorgen sowie die Telemedizin unterstützen. Dank Telemonitoring ist etwa eine Langzeitüberwachung anhand von Vitaldaten möglich. Überdies können Chatbots bei der Patientenaufklärung unterstützen, ebenso wie Apps zum Management der Krankheiten.

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Als weiteren relevanten Punkt nennt die Ärztekammer den Einsatz von KI im Bereich Forschung und Lehre. Mithilfe von KI, wie Google DeepMinds AlphaFold, ist es beispielsweise möglich, Proteinstrukturen vorherzusagen. Bei der Blutzuckerkontrolle spielt KI ebenfalls eine Rolle und kann die Insulinausgabe automatisch steuern. Dabei verweist die Bundesärztekammer auf das EU-Forschungsprojekt MELISSA ('Mobile Artificial Intelligence Solution for Diabetes Adapted Care') für Patienten mit Typ-1-Diabetes, das für ein vollautomatisches Diabetes-Management sorgen soll. MELISSA integriert Daten aus mehreren Quellen – neben Informationen zum Blutglukosewert auch die Menge von gespritztem Insulin, Labordaten und Anamnesedaten sowie Daten zum Lebensstil.

Smarte Implantate fasst die Bundesärztekammer ebenfalls ins Auge: "So können mittels KI-Anwendungen Bewegungsdaten und Messwerte am Knochen-Implantat erhoben und über die sensorgesteuerte Variation der Steifigkeit eine günstige Heilungssituation für eine Fraktur hergestellt werden. Solche sog. 'smarten' Implantate vereinen Sensorik und Aktorik, d. h. die Wahrnehmung ihrer Umgebung und die Reaktion darauf". Die "aktuell entwickelten Implantate" sein für "jede Frakturheilung einsetzbar". Für die Zukunft hofft die BÄK zudem, dass Implantate künftig mithilfe von KI nach der Operation angepasst werden können. Außerdem könnten Notfallsituationen mithilfe von KI simuliert werden.

Die Einführung von KI wirft jedoch auch ethische und rechtliche Fragen auf, die aktuell diskutiert werden. Die Verantwortung für Diagnosen und Therapieentscheidungen wird vermutlich jedoch immer bei den Ärzten bleiben. Aktuell dient KI vor allem zur Unterstützung von Arzttätigkeiten. Medizinisches Personal sollte laut BÄK transparent über die Funktionsweise von KI-Systemen informiert sein, um diese kritisch hinterfragen zu können. Dazu sollte die KI laut Bundesärztekammer beantworten, bei "welcher Kombination von Inputparametern" eine sichere Aussage nicht mehr möglich ist und "welche womöglich medizinisch relevanten Aspekte" vom Modell nicht mehr berücksichtigt werden. Datenschutz und die Einhaltung der Schweigepflicht sind ebenfalls zentrale Themen, die beachtet werden müssen, da KI-Systeme meist personenbezogene Daten verarbeiten.

(mack)