Grönland erwägt Einsatz von Starlink durch größten Provider
Starlink und sein Eigentümer Musk verhandeln mit Grönland über die Übernahme von Telefonie und Internet auf der Insel. Entlegene Orte könnten vernetzt werden.
(Bild: CG Alex/Shutterstock.com)
Grönlands Telekommunikationsunternehmen Tusass verhandelt seit Dezember mit dem US-Anbieter Starlink und seinem Eigentümer Elon Musk über einen Vertrag für Internet und Telefonie via Satellit. Das bestätigte Tusass-Chef Toke Binzer gegenüber dem dänischen Sender TV 2. Sein Interesse besteht demnach darin, "die beste auf dem Markt verfügbare Technologie" zu nutzen. Er sehe "einige klare Vorteile von Starlink, aber es gibt natürlich auch einige Herausforderungen." Eine engere Anbindung Grönlands an die USA gilt politisch als besonders heikel, nachdem US-Präsident Donald Trump erneut Gebietsansprüche auf die Inselregion erhoben hat. Europa versucht angesichts der transatlantischen Spannungen zunehmend, von US-amerikanischer Technologie und damit verknüpften Dienstleistungen unabhängiger zu werden.
Tusass hat momentan ein Monopol auf Telekommunikationsverbindungen nach und innerhalb Grönlands. Die Telefon- und Internetversorgung des autonomen Territoriums Dänemarks mit rund 56.000 Einwohnern ist laut dem Bericht derzeit stark von zwei Unterseekabeln auf dem Grund des Nordatlantiks abhängig. Dazu komme eine bereits bestehende Satellitenanbindung, die aber nur etwa ein Prozent des Gesamtbedarfs decken könne. Vor allem in wenig besiedelten Gebieten in Nord- und Ostgrönland gibt es keine oder nur sehr schlechte Internetverbindungen. Starlink könnte gerade hier prinzipiell als "zusätzliche Lebensader zur Außenwelt" dienen, erläutert TV 2. Dennoch sei die Skepsis gegenüber einem Deal mit Musk groß. Nicht nur der Militärberater Alexander Whit warne, dass damit kritische Infrastruktur Grönlands in die Hände des Tech-Milliardärs und Trump-Beraters geraten könnte.
Whit verweist gegenüber dem Sender auf Meldungen, wonach Starlink wiederholt damit gedroht habe, den Dienst in der Ukraine abzustellen. Dabei zahle Polen für diese Verbindung. Auch wenn Musk das abgestritten habe, stelle sich die Frage, ob Partner Verträgen mit Starlink überhaupt vertrauen könnten. Sollte Trump darauf beharren, Grönland zu bekommen, könnten die Amerikaner dem umkämpften Territorium das Internet abdrehen. Auch Aaja Chemnitz, die für die Partei Inuit Ataqatigiit im dänischen Parlament Folketing sitzt, kann sich einen Einstieg von Starlink nicht vorstellen. Die Internetabdeckung in Teilen Grönlands sollte ihr zufolge zwar verbessert werden, doch ihr Vertrauen in die USA sei massiv gesunken. Sie würde es daher bevorzugen, wenn Grönland mit Dänemark eine Lösung fände. Die EU entwickelt aktuell mit der "Infrastruktur für Resilienz, Interkonnektivität und Sicherheit durch Satelliten" (IRIS2) eine Starlink-Alternative.
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Komplettversorgung durch Starlink unrealistisch
Die Vorsitzenden der liberal-konservativen Partei Atassut und der Unabhängigkeitspartei Naleraq bezeichneten es als absolut entscheidend, mehr Optionen für die Internetversorgung zu bekommen. Die Grönländer sollten jeden ausländischen Satellitendienst nutzen dürfen, auch Starlink. Tusass-Chef Binzer hob hervor, dass es "extrem wichtig" sei, dass der Netzbetreiber das Eigentum an der kritischen Infrastruktur behalte. Das aktuelle Geschäftsmodell von Starlink mache es schwierig, eine Vereinbarung zu erreichen. Musks Firma beanspruche grundsätzlich direkten Zugang zu den Kunden, was mit dem Tusass-Monopol nicht vereinbar sei. Über Regionen, die Starlink potenziell abdecken könnte, wollte sich Binzer nicht äußern, da der Konzern eine Geheimhaltungsvereinbarung unterschrieben habe.
Selbst wenn das Monopol aufgebrochen würde, wäre eine Komplettversorgung durch Musks Unternehmen unrealistisch, erklärte Signe Ravn-Højgaard, Direktorin der Denkfabrik Digital Infrastructure, TV 2. Starlink sei nicht in der Lage, die heute in Großstädten auf der Insel wie Nuuk benötigte Internetkapazität bereitzustellen. Der Dienst könnte aber bestehende Leitungen ergänzen und als Backup im Fall eines Seekabelbruchs dienen. Das dänische Verteidigungsministerium teilte mit, dass die Selbstverwaltung in Grönland über kritische Infrastrukturen entscheiden müsse. Für Aufregung sorgte jüngst auch ein Bericht, dass die italienische Regierung mit SpaceX über einen milliardenschweren Vertrag zur Bereitstellung sicherer Kommunikation via Starlink verhandele und IRIS2 übergehen wolle.
(nie)