Qudits statt Qubits: Neuartiger Quantencomputer simuliert Elementarteilchen
Mit fünf statt zwei Zuständen könnten Qudits die Leistungsfähigkeit von Quantencomputern verbessern. Erste Simulationen geben Einblicke in die Teilchenphysik.
(Bild: Harald Ritsch)
Quantencomputer basieren häufig auf der Idee der klassischen Bits und erweitern sie: Quantenbits können nicht nur die Zustände 0 und 1 annehmen, sondern auch beliebige Überlagerungen dieser Werte. Dass es auch anders geht, demonstriert nun ein Forschungsteam um Martin Ringbauer von der Universität Innsbruck und Christine Muschik von der University of Waterloo, Kanada. Gemeinsam haben sie eine alternative Form des Quantencomputers auf Basis sogenannter Qudits entwickelt und damit ein Problem aus der Elementarteilchenphysik simuliert. Die Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift Nature Physics veröffentlicht.
Von Qubits zu Qudits
Qudits sind Quantensysteme, die mehr als nur zwei verschiedene Zustände annehmen können. Tatsächlich trifft dies auf die meisten Quantensysteme zu, und die Auswahl zweier ausreichend isolierter Zustände zur Kodierung der Qubitzustände 0 und 1 erfordert erheblichen Aufwand. Qudits nutzen diese zusätzlichen Zustände, um mehr Informationen mit weniger Bauteilen zu speichern und so komplexere Probleme mit kompakteren Geräten zu lösen. Gleichzeitig sind Qudits jedoch weniger ausgereift als Qubits, und der Umgang mit ihnen ist anspruchsvoller.
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Das Forschungsteam aus Innsbruck und Waterloo verwendet in ihren Experimenten gefangene Ionen – die gleiche Technik, die auch zum Bau von Qubit-basierten Quantencomputern genutzt wird. Statt mit Qubits arbeitet das österreichisch-kanadische Team mit Qutrits und Ququints, also Systemen mit drei beziehungsweise fünf Zuständen.
Komplexe Teilchenphysik
Die zusätzlichen Zustände ermöglichen eine effizientere Simulation komplexer Felder, die in der Teilchenphysik auftreten. Die Erforschung von Elementarteilchen und deren Wechselwirkungen ist entscheidend, um die grundlegenden Mechanismen des Universums zu entschlüsseln. Das Standardmodell der Teilchenphysik beschreibt diese Teilchen und Kräfte, indem es sie als Anregungen von Feldern darstellt. Die für das tägliche Leben wohl relevanteste Quantenfeldtheorie ist die Quantenelektrodynamik, die Phänomene des Elektromagnetismus beschreibt: von Strom und Licht bis zu den Kräften, die Materie zusammenhalten.
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Um die Feldtheorie zu erforschen, verwenden Wissenschaftler neben Experimenten an Teilchenbeschleunigern vor allem komplexe Computersimulationen. Diese übersteigen aber häufig die Kapazitäten klassischer Supercomputer. Dies liegt vor allem daran, dass die betrachteten Felder verschiedene Stärken und Richtungen im mehrdimensionalen Raum annehmen können. Quantencomputer könnten hier einen entscheidenden Vorteil liefern. "Unser Ansatz ermöglicht eine natürliche Darstellung von Feldern, wie sie auch in der Natur vorkommt", sagt Michael Meth, Erstautor der Studie. "Damit vereinfacht sich das Problem deutlich."
(Bild: Universität Innsbruck)
Bereits 2016 zeigten Wissenschaftler aus Innsbruck die Bildung von Teilchen-Antiteilchen-Paaren. "Damals arbeiteten wir in einem eindimensionalen Raum, wo die Felder nicht explizit simuliert werden müssen", erklärt Christine Muschik, Studienleiterin aus Waterloo. Nun stellt das Team die erste Simulation in zwei Raumdimensionen vor. "Neben der Paarbildung sehen wir auch ein sich aufbauendes Magnetfeld, und so etwas gibt es in einer Dimension nicht."
Ein Fenster in die Teilchenphysik
Die Arbeit soll neue Möglichkeiten eröffnen, weitere Phänomene der kleinsten Teilchen zu untersuchen. Dazu gehört etwa die starke Wechselwirkung, die innerhalb des Atomkerns auftritt. Sie bewirkt, dass sich Quarks zu schweren Teilchen, wie Protonen und Neutronen, zusammenschließen. "Quantencomputer geben uns ein neues Fenster in die Welt der Elementarteilchen", sagt Martin Ringbauer, Studienleiter aus Innsbruck. "Mit dem Qudit-Ansatz sind diese Systeme maßgeschneidert, um faszinierende offene Fragen in der Teilchenphysik zu untersuchen."
(spa)