Streit um Studie zu Krebsrisiko von IBM-Mitarbeitern

Der Streit um eine Studie zu erhöhten Krebsrisiken bei ehemaligen IBM-Mitarbeitern hat jetzt zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Fachverlag Reed Elsevier und einigen seiner Autoren geführt.

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Von
  • Angela Meyer

Der Streit um eine Studie zu erhöhten Krebsrisiken bei ehemaligen IBM-Mitarbeitern hat jetzt zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Fachverlag Reed Elsevier und einigen seiner Autoren geführt, berichten unter anderem die Wissenschaftsjournale Science und Nature. Weil der Verlag eine Veröffentlichung zu der Studie abgelehnt hatte, zogen die Autoren ihre Beiträge für ein Sonderheft zu Gesundheit in der Halbleiterindustrie zurück, unterstützt von dem Gastredakteur Joseph LaDou von der University of California, der den Artikel bereits angenommen hatte. Sie wollen ihre Artikel erst dann freigeben, wenn auch der Beitrag zur IBM-Studie abgedruckt wird. Der Verlag zeigte sich davon bisher unbeeindruckt.

Das Ganze ist eigentlich nur ein Nebenschauplatz im Zusammenhang mit einer Reihe von Klagen von Ex-Mitarbeitern gegen IBM, die ihre Krebserkrankung darauf zurückführen, dass der IT-Konzern in verschiedenen Fabriken krebserregende Chemikalien eingesetzt haben soll. Mit 50 Klägern einigte sich IBM im März außergerichtlich. Für die Verfahren hatten Anwälte der Klageseite Richard Clapp von der Boston University und Rebecca Johnson vom Epicenter in Circle Pines, Minnesota, mit einer epidemiologischen Studie beauftragt. Clapp ist einer der Wissenschaftler, die einst den Zusammenhang zwischen Krebs bei Vietnam-Veteranen und dem Entlaubungsmittel Agent Orange belegt hatten.

In der Studie analysierten die beiden Wissenschaftler IBM-Unterlagen zur Sterblichkeit von mehr als 30.000 Mitarbeitern in einem Zeitraum von gut 30 Jahren. Sie kamen zu dem Schluss, dass IBM-Mitarbeiter signifikant häufiger an Krebs gestorben sind als andere in der Gesamtbevölkerung. Noch höher lagen die Krebsraten bei Mitarbeitern, die mindestens einen Monat in den Chipfabriken von IBM beschäftigt gewesen waren. Das Gericht hatte die Verwendung der Unterlagen abgelehnt, da sich daraus kein klarer Zusammenhang zwischen den Krebstoden und ihrer jeweiligen Ursache herstellen lasse.

Clapp hatte die Studie im März zunächst selbst zurückgezogen, als IBM-Anwälte ihn warnten, dass er sonst eine gerichtliche Auflage, nach der die Unterlagen nur im Gerichtsverfahren verwendet werden dürften, verletze. Clapps Anwälte sahen das anders: Da IBM die Daten nicht als vertraulich gekennzeichnet habe, seien sie in den Akten des Gerichts für jeden einsehbar und damit öffentlich. Daraufhin reichte Clapp den Artikel erneut zur Veröffentlichung ein. Während die Autoren nun argwöhnen, dass IBM Druck auf Elsevier ausgeübt habe, bestreitet der Verlag dies und begründet die Ablehnung mit formalen Kriterien: Es handele sich nicht um einen journalistischen Beitrag, sondern um einen Originalartikel von Forschern, was nicht in den gewählten Rahmen passe. LaDou sagte dazu gegenüber Science, dass man ihm dieses Kriterium vorher nicht mitgeteilt habe. (anm)