Angebliche Verbreitung von Propaganda: US-Regierung bedroht die Wikipedia

Die für die Wikipedia verantwortliche Wikimedia Foundation genießt in den USA eine Steuerbefreiung. Nun stellt ein Bundesstaatsanwalt das mit Vorwürfen infrage.

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Wikipedia-Schriftzug auf einem Smartphone

(Bild: Allmy/Shutterstock.com)

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Ein Bundesstaatsanwalt in Diensten der US-Regierung hat der Wikimedia Foundation unterstellt, gegen Gesetze zu verstoßen und mindestens implizit damit gedroht, ihr die Steuerbefreiung abzuerkennen. Das geht aus einem Brief des United States Attorney für das District of Columbia hervor, über den mehrere Medien vorab berichtet haben und der inzwischen bei Wikisource abrufbar ist. Darin weist Ed Martin darauf hin, dass sich steuerbefreite Organisationen "ausschließlich für religiöse, wohltätige und wissenschaftliche" sowie weitere Zwecke einsetzen dürfen. Bezüglich der Onlineenzyklopädie Wikipedia sei ihm aber zugetragen worden, dass darauf "ausländische Akteure Informationen manipulieren und Propaganda verbreiten" könnten.

In dem Brief behauptet Martin unter anderem, "Wikipedia erlaubt die Manipulation von Informationen auf der eigenen Plattform, inklusive der Umschreibung wichtiger historischer Ereignisse und biografischer Daten zu ehemaligen und aktuellen Anführern der USA". Auch legt er nahe, dass in der Wikipedia ausländische Propaganda als "Informationsmaterial" getarnt werde, um die US-Öffentlichkeit zu beeinflussen. Zudem bestehe der verantwortliche Aufsichtsrat hauptsächlich aus Menschen mit anderer Staatsangehörigkeit, womit die Interessen von US-Steuerzahlenden untergraben werde. Inhalte zur Bildung seien zwar neutral, aber sein Büro habe Informationen, "die zeigen, dass die Informationspolitik der Wikipedia ausländischen Mächten zugutekommt".

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Das sei auch vor dem Hintergrund problematisch, dass Internetsuchmaschinen wie Google zugestimmt hätten, Inhalte aus der Wikipedia zu priorisieren. Sollten die Inhalte dort aber nicht neutral sein, würde deren Bevorzugung der US-amerikanischen Öffentlichkeit schaden. Weiterhin sei ihm zugetragen worden, dass mit Wikipedia-Inhalten auch generative KI-Plattformen trainiert werden und auch darüber würden die angeblich manipulativen Wikipedia-Inhalte letztlich zur US-amerikanischen Öffentlichkeit gelangen. Vor diesem Hintergrund hat der Staatsanwalt der Organisation eine Reihe von Fragen gestellt, die bis zum 15. Mai beantwortet werden müssten.

Gegenüber The Verge hat Wikimedia darauf verwiesen, dass Wikipedia-Inhalte neutral sowie verifizierbar sein müssen und keine originäre Forschung umfassen dürfen. Damit werde sichergestellt, dass sie so "akkurat, fair und neutral sind wie möglich". Die transparente Moderation werde von fast 260.000 Freiwilligen übernommen. Ed Martin wurde von US-Präsident Donald Trump eingesetzt und ist der erste Bundesstaatsanwalt seit 50 Jahren, der keine Erfahrung als Richter oder Staatsanwalt vorzuweisen hat. Experten meinen, dass der Brief außergewöhnlich ist, normalerweise falle die Prüfung einer Steuerbefreiung in die Zuständigkeit der Steuerbehörde IRS. Hier werde nahegelegt, dass ein Verbrechen begangen wurde, zitiert The Free Press einen Fachanwalt.

(mho)