FDP kann mit elektronischem Personalausweis "gut leben"

Anfang des Jahres plädierten Spitzenpolitiker der Liberalen noch für einen Stopp der neuen Identitätskarte, nun lehnte ein Vertreter der FDP-Bundestragsfraktion einen entsprechenden Antrag der Grünen ab, um ein "Millionengrab" zu verhindern.

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Die FDP hat ihren Anfang des Jahres noch publikgemachten Widerstand gegen die Einführung des elektronischen Personalausweises aufgegeben. Die geplante neue Identitätskarte sei zwar "kein Lieblingsprojekt der Liberalen", erklärte Manuel Höferlin, Vorsitzender der Arbeitsgruppe IT und Informationsgesellschaft der FDP-Bundestagsfraktion laut den protokollierten Redebeiträgen im Bundestag zu einem Antrag (PDF-Datei) der Grünen am Freitag, in dem der Stopp des Großprojekts gefordert wurde. Zu Beginn der gelb-schwarzen Koalition sei die Entwicklung der neuen Chipkartenvariante aber bereits "weit fortgeschritten" gewesen. Staat und Unternehmen hätten schon "erhebliche Summen" dafür aufgewendet. Hätten die Liberalen die Reißleine gezogen, wäre ein "gigantisches Millionengrab" entstanden.

"Wir haben deshalb die Schlussphase der Entwicklung vor allem aus datenschutzrechtlicher Perspektive kritisch und konstruktiv begleitet", führte Höferlin aus. "Mit dem Ergebnis können wir deshalb gut leben." Die FDP werde das Projekt nun verantwortungsvoll begleiten und bei Korrekturbedarf "umgehend alle nötigen Maßnahmen ergreifen". Das Datenschutzniveau sei aber hoch, weil der Bürger etwa selbst entscheiden könne, ob Funktionen wie der Identitätsnachweis fürs Internet aktiviert würden. Zudem bestehe die Chance, dass der neue Ausweis vor allem im E-Government zu "erheblichen Effizienzgewinnen" führen könne.

Stephan Mayer von der CDU/CSU-Fraktion sah die Bedenken der Grünen als unbegründet an, da der elektronische Personalausweis "eine sehr hohe Datensicherheit bietet". Alle Informationen und Übertragungen würden mit modernen, dauerhaft wirksamen und international anerkannten Verschlüsselungsverfahren sicher geschützt. Anpassungen seien aber wohl erforderlich, falls Quantencomputer verfügbar seien, "die wohl so gut wie alle bestehenden digitalen Sicherheitstechniken vor Probleme stellen würden".

Frank Hofmann von der SPD-Fraktion sah die Aufnahme biometrischer Merkmale als notwendig und als einen "Beitrag für ein modernes, technisch zeitgemäßes Ausweisdokument" an, auch wenn der Sicherheitsgewinn gegen Fälschungen zunächst eher von theoretischer Bedeutung sei. Als "grenzwertig" bezeichnete der Innenpolitiker aber eine Broschüre (PDF-Datei) aus dem Bundesinnenministerium, die offensiv mit Sicherheitsargumenten für die Aufnahme von Fingerabdrücken werbe.

Wolfgang Wieland, Sicherheitsexperte der Grünen, lehnte auch die freiwillige Erfassung von Fingerabdrücken ab. Einen überzeugend begründeten Bedarf danach habe der Staat offenbar nicht, sonst wäre die Abgabe der erweiterten biometrischen Merkmale Pflicht. Mit dem RFID-Chip werde zudem "eine Sicherheitslücke aufgemacht". Eine Funktion der elektronischen Identifizierung fürs Netz sei zwar sinnvoll, sollte aber nicht an ein Hoheitsdokument gekoppelt werden. Die Grünen plädieren daher für eine gesonderte, sichere und einfach zu handhabende Identifikationskarte für den Online-Handel und ähnliche Einsatzgebiete.

Der Datenschutzexperte der Linken, Jan Korte, unterstützte den Antrag der Grünen und forderte die Koalition auf, das "unsinnige Projekt" einzustellen und der FDP-Initiative beim elektronischen Entgeltnachweis (ELENA) zu folgen. Beim elektronischen Ausweis gehe es letztlich um die Schaffung eines Marktes für biometrische Techniken, für die zu einem großen Teil auf Steuergelder und Gebühren zurückgegriffen würde. Der Aspekt der "Freiwilligkeit" einiger Funktionen könne durch einen faktischen Nutzungszwang abgelöst werden. Der Einsatz einer sechsstelligen PIN zum Freischalten des Ausweises fürs Netz erhöhe die Gefahr des Identitätsdiebstahls. (anw)