Jugendmedienschutz: Zahl der Beschwerden und Prüffälle drastisch gestiegen
Medienwächtern macht vor allem politischer Extremismus mit rechten, volksverhetzenden und diskriminierenden Inhalten auf Social Media zunehmend zu schaffen.
(Bild: Syda Productions / shutterstock.com)
Die Medienwächter der Länder haben insbesondere mit Hass, Hetze und Desinformation in Online-Medien immer mehr zu tun. Das geht aus dem aktuellen Tätigkeitsbericht der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) für die zwei Jahre zwischen März 2023 und Februar 2025 hervor. Das Organ der Landesmedienanstalten hat ihn jetzt für die inhaltliche Kontrolle im Bereich des länderübergreifenden privaten Rundfunks und im Internet veröffentlicht. Im Vergleich zum Zeitraum des vorherigen Reports (März 2021 bis Februar 2023) hat sich demnach die Zahl der Anfragen und Beschwerden zu möglichen Jugendmedienschutzverstöße verdreifacht, die der geprüften Fälle im Bereich Telemedien sogar nahezu versechsfacht. Die Zahl der Untersuchungen im Rundfunkbereich ist parallel dazu von 26 auf sechs zurückgegangen.
Kinder und Jugendliche verbrachten laut einer Studie 2024 durchschnittlich knapp vier Stunden täglich online. Dabei machen sie dem Bericht zufolge verstärkt mit Risiken konfrontiert. Im Berichtszeitraum hat die KJM so etwa 553 Telemedien-Prüffälle abschließend entschieden. Die Beschlüsse betrafen Angebote, in denen die Prüfer meist mehrere Verstöße gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) festgestellt haben.
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Dabei handelte es sich der Statistik zufolge in den meisten Fällen um Angebote aus dem Bereich des politischen Extremismus mit volksverhetzenden (218 Fälle), äußerst rechtslastigen, diskriminierenden oder den Holocaust leugnenden (125) sowie um entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte (35). Eine Vielzahl der letzteren habe "sozialethisch desorientierende Inhalte zum Gegenstand" gehabt, führt die KJM aus. Solche Angebote bekämpften durch das offensive Eintreten gegen demokratische Prozesse oder durch die Verächtlichmachung demokratischer Prozesse die Grundordnung des liberalen Rechtsstaats.
Sperre von Pornhub und YouPorn bleibt zunächst
Die festgestellten Verstöße konzentrierten sich den Medienwächtern zufolge größtenteils auf Äußerungen in sozialen Netzwerken, auf Video-Plattformen, persönlichen Websites oder Blogs, mit denen gegen Geflüchtete beziehungsweise Menschen mit Migrationshintergrund gehetzt oder anderweitig diskriminiert wurde. Da zahlreiche Beiträge gleichzeitig einen Straftatbestand darstellten, mussten zuständigen Landesmedienanstalten die jeweiligen Ordnungswidrigkeitsverfahren an die Staatsanwaltschaft abgeben.
Die Aufsichtsinstanz sieht sich nach eigenen Angaben so Herausforderungen gegenüber, "die sich aus dem veränderten Medienverhalten ergeben". Vor allem bei der damit verknüpften Regulierung globaler Digitalkonzerne moniert die KJM, dass diese "oft erst auf Druck reagieren". Trotzdem machten die Medienwächter laut dem KJM-Vorsitzenden Marc Jan Eumann etwa auch im Vorgehen gegen Porno-Portale klar, dass Gefährder von Kindern und Jugendlichen mit Konsequenzen rechnen müssten.
Dabei können die Regulierer einen neuen juristischen Erfolg feiern. Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit Beschlüssen vom 24. April (Az.: VG 32 L 25/25 und VG 32 L 26/25) die Blockade der zwei deutschsprachigen Erotik-Seiten Pornhub und YouPorn vorläufig aufrechterhalten. Im April 2024 ordnete die Medienanstalt Berlin-Brandenburg gegenüber dem in der Hauptstadt ansässigen Provider Pÿur an, den Abruf der zwei Portale aus Deutschland zu sperren. Gegen diese Bescheide erhob der Plattformbetreiber Aylo Klagen und stellte Eilanträge. Das Gericht hat diese nun als unzulässig zurückgewiesen: Aylo habe kein schutzwürdiges Interesse an der Außervollzugsetzung der Sperrverfügungen. Denn dieser hätte es nicht bedurft, wenn der Inhalteanbieter sich rechtstreu verhalten würde. Stattdessen verbreite er Pornografie weiterhin uneingeschränkt. Diese fortgesetzte und beharrliche Missachtung geltenden Rechts sei "verwerflich". Die betroffenen Provider wehren sich ebenfalls gegen die Anordnungen.
(mack)