Nutanix präsentiert sich als Alternative für frustrierte VMware-Kunden

Wenn Broadcom mit seiner Lizenzpolitik VMware-Kunden vergrätzt, freut sich die Konkurrenz, wie auf der Hausmesse von Nutanix zu merken war.

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Nutanix-CEO Rajiv Ramaswami bei seiner Keynote auf der Hausmesse .Next..

Nutanix-CEO Rajiv Ramaswami bei seiner Keynote.

(Bild: Jens Söldner/Simon Lehmeyer)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Jens Söldner
  • Simon Lehmeyer
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Seit der Übernahme durch Broadcom vor rund 18 Monaten häufen sich Berichte über frustrierte VMware-Kunden. So verwundert es auch kaum, dass VMware quasi als "Elefant im Raum" bei der US-Ausgabe der Hausmesse .NEXT seines aktuell wichtigsten Konkurrenten Nutanix präsentes Thema war. Mit über 5000 Besuchern vor Ort in Washington DC konnte die Messe des US-Softwareherstellers auch gleich einen Besucherrekord feiern. Viele Interessenten wollten sich ein Bild von der Technik und Lieferfähigkeit des Herstellers verschaffen, der es zu seiner aktuellen Strategie erklärt hat, Kunden eine umfassende und valide Alternative zu VMware zu bieten.

Durch Broadcoms kundenunfreundliche Lizenzpolitik und ein ständiges Hin und Her, etwa bei der Verfügbarkeit der freien Version des ESXi Hypervisors, die erst gestrichen wurde und seit kurzem wieder angeboten wird, hat die einst hohe Reputation von VMware erheblich Schaden genommen. Nutanix-Chef Rajiv Ramaswami, der übrigens zuvor knapp elf Jahre bei Broadcom und VMware in Führungspositionen tätig war, sieht darin eine hervorragende Chance für sein Unternehmen. Im Interview mit iX betonte er, dass es nun darum gehe, Nutanix als Hauptalternative und zweiten Hersteller bei den Kunden zu positionieren. Aktuell gebe es viele Kunden, die aus Gründen des Risikomanagements eine Zweiherstellerstrategie bei der Virtualisierung einführen wollen. Ist Nutanix mal beim Kunden etabliert, seien diese äußerst zufrieden, so der CEO.

Als Erfinder der hyperkonvergenten Speicher- und Virtualisierungssysteme konnte sich Nutanix schon in der Vergangenheit als Hauptmitbewerber von VMware etablieren. Vor rund zehn Jahren hatten beide Hersteller intensive Gefechte rund um die Technologieführerschaft im Speicherbereich geführt, nachdem VMware 2014 mit vSAN nachgezogen war. Nach einigen ruhigeren Jahren mit stabilen inkrementellen Innovationen und einer Abrundung des Portfolios dank Eigenentwicklungen und Übernahmen hat Nutanix inzwischen als einziger Mitbewerber von VMware ein Produktportfolio aufbauen können, das im Wesentlichen gleichziehen kann. Allerdings hat Nutanix an einigen Ecken und Enden noch nicht den Reifegrad erreicht, den VMware mit seinem Flaggschiff VCF hat.

Die wachsende Marktbedeutung und der verstärkte Zulauf von Kunden zwingen Nutanix dabei auch, einige grundsätzliche Dinge zu überdenken. Bis Anfang 2024 war die Strategie des Herstellers dabei, ausschließlich hyperkonvergenten Speicher zuzulassen, der durch Nutanix' eigene Plattform bereitgestellt wird. Das wurde bereits vor einem Jahr aufgeweicht, als die Unterstützung von externen Speicher der PowerFlex Serie des Herstellers Dell angekündigt wurde. Diese Unterstützung ist nun allgemein im Nutanix-Portfolio verfügbar: ein PowerFlex-basiertes Speichersystem, das aus Dell Servern aufgebaut ist, kann auf bis zu 128 Speicherknoten ausgebaut werden und an Nutanix Cluster angedockt werden.

Ganz im Zeichen dieser neuen Speicherpolitik steht auch eine der wichtigsten Ankündigungen der Hausmesse: Die strategische Partnerschaft mit dem Speichersystemhersteller Pure Storage, die eine Integration der Nutanix Cloud Infrastructure (NCI) mit Pure Storage FlashArray ermöglicht. Mit dieser Kooperation will Nutanix die Nachfrage nach flexiblen, disaggregierten Speichersystemen adressieren, die also losgelöst von den Hypervisor-Servern arbeiten und somit nicht hyperkonvergent sind. Das ist insbesondere für Kunden relevant, die nach Alternativen zu VMware suchen.

Die Kombination von Nutanix' hauseigenen AHV-Hypervisor mit den hochperformanten Pure Storage FlashArray Systemen soll es Unternehmen erlauben, virtualisierte Workloads effizienter zu skalieren und zu verwalten, ohne an traditionelle 3-Tier-Architekturen gebunden zu sein. Die Partnerschaft wurde auch als Reaktion auf Marktveränderungen nach der Broadcom-Übernahme von VMware positioniert, die viele Kunden aktuell dazu veranlasst, ihre Infrastrukturstrategien zu überdenken.

Eine weitere bedeutende Ankündigung war die Zusammenarbeit mit Canonical, die die Nutanix Kubernetes Platform (NKP) um Unterstützung für Ubuntu Pro erweitert. Diese Integration soll die Bereitstellung und Verwaltung von Kubernetes-Clustern vereinfachen, insbesondere für KI-Workloads. Die sichere Linux-Plattform von Ubuntu Pro soll in Kombination mit Nutanix' Cloud-nativem Ansatz Unternehmen eine robuste Grundlage für containerisierte Anwendungen bieten. Das reduziere die Komplexität von Kubernetes-Implementierungen und verringere den Aufwand für KI- und Cloud-native-Projekte, sagte Nutanix-Manager Tobi Knaup im Gespräch mit iX.

Im Bereich künstliche Intelligenz stellte Nutanix die neueste Version von Nutanix Enterprise AI (NAI) vor, die nun agentische KI-Workflows unterstützt. Durch eine tiefere Integration mit Nvidia Enterprise AI, einschließlich Nvidias NIM-optimierter Inferencing-Microservices, könnten Unternehmen große Sprachmodelle sicher und skalierbar bereitstellen – vom Edge bis zur Public Cloud, verspricht Nutanix.

NAI ermögliche ferner ein konsistentes Hybrid-Multicloud-Betriebsmodell, das die Anpassung von KI-Modellen an private Daten erleichtere sowie hohen Sicherheits- und Resilienzanforderungen genüge. Nutanix möchte also auch als Schlüsselakteur für Unternehmen werden, die generative KI in geschäftskritischen Anwendungen einsetzen wollen.

Nutanix bietet ferner keine hauseigene Plattform für End User Computing und Virtual Desktop Infrastructure mehr an. Stattdessen hat man sich mit mehreren spezialisierten Anbietern verpartnert, wie Citrix, Dizzion, Parallels und jetzt ganz neu auch der ehemaligen EUC/VDI Sparte von VMware, dem 2024 ausgegliederten und verkauften Unternehmen Omnissa, das das ehemalige VMware Horizon weiterentwickelt und vertreibt. Als große Überraschung der Konferenz kündigte Omnissa an, nun neben VMwares Hypervisor erstmalig auch mit Nutanix AHV einen weiteren Hypervisor zu unterstützen, der zudem Hauptkonkurrent der Herkunftsfamilie ist – ein weiterer Indikator dafür, dass es in der Szene rumort.

Insgesamt konnte Nutanix auf seiner Hausmesse demonstrieren, dass das Unternehmen für wechselwillige mittlere und große VMware-Kunden eine gute Alternative sein kann, die prinzipiell das komplette aktuelle Portfolio von VMware abbildet. Das umfasst neben dem reinen Hypervisor auch mit dem Hypervisor eng verdrahtete beziehungsweise direkt integrierte hyperkonvergente Speichersysteme und nun auch die selektive Unterstützung externer Speichersysteme. Hinzu kommen Netzwerksicherheitsfunktionen (Nutanix Flow), Automatisierung (Nutanix Cloud Manager Self-Service) sowie eine Kubernetes-Plattform für Cloud-native Applikationen (Nutanix Kubernetes Platform / NKP sowie neu Cloud Native AOS) und eine KI-Plattform (Nutanix Enterprise AI).

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Klar wird: Das Unternehmen will die Chancen der aktuellen Marktverwerfungen nutzen und seine Position als führender Anbieter von Hybrid-Multicloud-Lösungen weiter ausbauen. Die neuen Partnerschaften mit Pure Storage und Canonical sowie die Weiterentwicklung von Nutanix Enterprise AI verdeutlichen, dass Nutanix die Herausforderungen moderner IT-Landschaften aktiv angeht. Für Unternehmen, die ihre Infrastruktur modernisieren und KI-Workloads effizient skalieren wollen, dürfte Nutanix eine flexible Plattform bieten.

Ein Wermutstropfen bleibt: Für die von VMware alleingelassenen Kleinkunden, die mit vSphere Essentials oder Essentials Plus in der Vergangenheit die Vorteile von Virtualisierung auch in klein(st)en Umgebungen nutzen konnten, hat auch Nutanix kein Patentrezept. Kleine Nutanix-Umgebungen mit zwei oder drei Servern erfordern eine Investition von rund 40.000 bis 60.000 Euro für Hard- und Software, so ein Nutanix-Partner im Gespräch mit iX.

Diese Marktnische will VMware nicht mehr bedienen und Nutanix ist ebenfalls aufgrund seiner Architektur eine Nummer zu groß für diese Umgebungsgröße. Vielleicht ändert sich das noch in Zukunft mit der Unterstützung weiterer externer Speichersysteme, allerdings hat der Hersteller keine konkreten Aussagen dazu auf der Veranstaltung getroffen. Lokale Ableger der Nutanix .Next werden am 24. Juni in Zürich und am 26. und 27. November in Darmstadt als kostenfreie Veranstaltungen angeboten.

(axk)