Ă–PNV-Studie: Nutzen dreimal so hoch wie die Kosten
Eine neue Studie verändert den Blick auf die Kosten-Nutzen-Berechnungen des öffentlichen Personennahverkehrs. Demzufolge wird der ÖPNV bislang unterschätzt.
(Bild: DS_93/Shutterstock.com)
Die wiederholten Diskussionen über die Zuschusskosten des Deutschlandtickets haben es gezeigt: Öffentlicher Personennahverkehr wird bei der Kosten-Nutzen-Betrachtung oft nur auf seinen direkten Nutzen, die öffentliche Daseinsvorsorge, reduziert. Forderungen nach grundsätzlich kostenlosem ÖPNV oder auch einer unbefristeten Verlängerung des Deutschlandtickets als Mobilitätsflatrate wurde deshalb am Ende bislang immer eine Absage erteilt.
Eine neue Mobilitätsstudie, die von der Technischen Universität München und der angeschlossenen MCube Consulting erstellt wurde, will den Horizont der Betrachtung jetzt erweitern. Sie kommt zu dem Schluss: Der wirtschaftliche Nutzen des ÖPNV sei dreimal so hoch wie seine Kosten in Höhe von jährlich 25 Milliarden Euro.
DB Regio war Auftraggeber
Auftraggeber der Studie ist die Initiative Zukunft Nahverkehr, vertreten durch die Bahntochter DB Regio. Jährlich generiere der ÖPNV in Deutschland etwa 75 Milliarden Euro Wertschöpfung und werde als volkswirtschaftlicher Leistungsträger damit unterschätzt, heißt es. Für die Berechnungen zugrundegelegt wurde 2019 als Referenzjahr. Bei den Berechnungen gab es drei Szenarien. Konservativ wurde eine indirekte Wertschöpfung von 39,3 Mrd. Euro ermittelt, progressive Schätzungen gehen sogar von 109 Mrd. Euro aus.
159.000 Menschen gelten als direkt Beschäftigte des ÖPNV, die direkte Wertschöpfung betrage 13,7 Milliarden Euro, die indirekte Wertschöpfung etwa 7,1 Milliarden Euro – die Schätzungen schwanken hierbei zwischen 4,4 und 10,9 Milliarden Euro. Hinzu kommen 9,07 Milliarden Euro an eingesparten externen Kosten, etwa durch vermiedene Umweltbelastungen, Unfälle und Staus.
Hoher Einfluss auf andere Wirtschaftssektoren
Der direkten Wertschöpfung werden unter anderem die Löhne, Gehälter und Gewinne der ÖPNV-Unternehmen zugerechnet. Zur indirekten Wertschöpfung werden zum Beispiel Fahrzeughersteller, Wartungsfirmen, IT-Anbieter und Energieversorger gezählt, welche die nötigen Fahrzeuge bereitstellen, Gleise bauen, Ticket- und Anzeigesysteme bereitstellen oder die Fahrzeuge reinigen.
Videos by heise
Deutlich höher beurteilen die Gutachter allerdings den Einfluss auf andere Wirtschaftssektoren. So nütze dieser dem Einzelhandel (4,6 Mrd. Euro), weil er Kunden zu den Geschäften bringt, er ermögliche touristische Reisen (12,1 Mrd. Euro) und steigere die Immobilienwerte (5,8 Mrd. Euro). Größter Posten in der Kalkulation ist mit 21,8 Mrd. Euro indirekter Wertschöpfung der Pendelverkehr. Der ÖPNV sorge für höhere Produktivität in den Städten und er ermögliche für 1,3 Millionen Menschen ohne Führerschein erst die Erwerbstätigkeit.
Bahn wĂĽnscht sich mehr Investitionen
Durch Effekte in der Innovationsförderung, der sozialen Teilhabe und der Stadtentwicklung generiere der ÖPNV zudem weitere Wertschöpfung, die in dem Papier jedoch nicht beziffert wird.
Jeder investierte Euro in den Ă–PNV zahle sich dreifach aus, schlussfolgert DB-Regio-Vorstand Jan Schilling. Aus Sicht der Bahn sollten die neuen Erkenntnisse Anlass dazu geben, weit mehr in den Ă–PNV zu investieren.
(mki)