Mobilfunkstreit: Verwaltungsgericht rügt Untätigkeit der Bundesnetzagentur
Streitbeilegungsverfahren wegen gescheiterter Zugangsverhandlungen zu Telekommunikationsnetzen muss der Regulierer laut dem Urteil binnen 4 Monaten entscheiden.
(Bild: Tobias Arhelger/Shutterstock.com)
Juristische Niederlage für die Bundesnetzagentur: Das Verwaltungsgericht Köln hat einer Klage von Multiconnect stattgegeben, wonach die Regulierungsbehörde in einem Schlichtungsverfahren aufgrund eines Streits zwischen der Münchner Telekommunikationsfirma und Telefónica über einen Zugang zum Netz des großen Mobilfunkbetreibers weitgehend untätig geblieben sei. Die Richter stellten in einem jetzt publik gemachten Urteil vom 25. April (Az. 1 K 8270/24) klar: Die Bundesnetzagentur muss in solchen Fällen innerhalb der im Telekommunikationsgesetz (TKG) festgelegten Höchstfrist von vier Monaten entscheiden. Auch erwartbare zusätzliche Umstände rechtfertigten keine Verlängerung. Eine Fristüberschreitung führe quasi zu einer Rechtsschutzverweigerung und Wettbewerbsbehinderung.
Mobilfunknetzbetreiber sind gesetzlich verpflichtet, mit Diensteanbietern ohne eigene Netzinfrastruktur über die Mitnutzung von Funkkapazitäten zu verhandeln. In dem konkreten Fall konnten sich Multiconnect und Telefónica über die Modalitäten nicht einigen, sodass der kleinere Wettbewerber schon im Frühjahr 2023 einen Antrag auf Einleitung eines Streitbeilegungsverfahrens bei der Regulierungsbehörde stellte. Eine erste mündliche Verhandlung dazu fand im Juli desselben Jahres statt. Seitdem tat sich aber wenig: Die Bundesnetzagentur argumentierte, dass der Fall außergewöhnlich komplex sei und eine Vielzahl an Anträgen, Unterlagen und komplexen Rechtsfragen aus einem schwierigen Themenbereich umfasse.
Faktor Zeit ist für Wettbewerber existenziell
Das Verwaltungsgericht ließ diese Argumente nicht gelten. Es stellte fest, dass eine höchstmögliche Beschleunigung des Verfahrens aus Gründen der Wettbewerbsförderung zielgerecht sei. Bei Zugangsstreitigkeiten sei der Faktor Zeit für Konkurrenten existenziell. Die Bundesnetzagentur muss daher dem Urteil zufolge organisatorisch sicherstellen, dass Verfahren binnen der Viermonatsfrist entschieden werden können. Multiconnect sieht in dieser Ansage einen Fingerzeig, dass die Präsidentenkammer der Regulierungsbehörde das Verhandlungsgebot neu ausgestalten müsse: Die für Schlichtungen zuständige Beschlusskammer sollte die Vorgaben innerhalb der gesetzlichen Frist auch tatsächlich anwenden können und nicht etwa erst noch zusätzliche Marktdaten einholen müssen.
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Wettbewerber fordern seit Längerem, dass die Bundesnetzagentur beziehungsweise der Gesetzgeber statt des vagen Verhandlungsgebotes eine Diensteanbieterverpflichtung einführen sollten. Mit einer solchen müssten die drei etablierten Mobilfunknetzbetreiber Telekom, Vodafone und Telefónica einen Teil ihrer Kapazitäten an Konkurrenten vermieten, die keine eigene Infrastruktur haben. Laut Multiconnect dürfte das Urteil so auch Auswirkungen auf weitere Klagen wie die von Freenet und EWE gegen das Festhalten am Verhandlungsgebot in der aktuellen Entscheidung des Regulierers zur Frequenzverlängerung haben. Auch dort stelle sich die Frage, ob die mittlerweile aufgestellten Leitplanken für Verhandlungen praktikabel und fristgerecht durchsetzbar sind. Der Breitbandverband Breko vermisst auch bei der Diskussion zum Doppelausbau von Glasfasernetzen ein entschlossenes Handeln des geforderten Schiedsrichters.
(mki)