Transport von Antimaterie auf Straßen quer durch Europa: Meilenstein geschafft

Am CERN kann Antimaterie produziert, aber nicht präzise erforscht werden. Deshalb soll sie bald auf öffentlichen Straßen durch ganz Europa transportiert werden.

vorlesen Druckansicht 207 Kommentare lesen
Eine Metallbox an einem Kran, ein Mann mit einem Tablet im Vordergrund

Die Penning-Falle an einem Kran

(Bild: BASE/Julia Jäger)

Lesezeit: 3 Min.
close notice

This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Am europäischen Kernforschungszentrum CERN ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum Transport von Antimaterie zu Forschungseinrichtungen überall in Europa gelungen. Das hat das internationale Forschungsteam BASE (Baryon Antibaryon Symmetry Experiment) bestätigt, nachdem der Transport einer Protononenwolke mit einem Lastwagen über das Gelände nun ausgewertet wurde. Als Nächstes soll der Versuch mit Antiprotonen wiederholt werden. Erklärtes Ziel der Arbeit ist die Möglichkeit, Antimaterie über öffentliche Straßen an auch weit entfernte Orte überall in Europa zu liefern. Dort kann sie besser untersucht werden als am CERN selbst.

Wie die an der Arbeit beteiligte Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf erklärt, steht in deren Zentrum eine sogenannte Penning-Falle. Darin können elektrisch geladene Teilchen durch magnetische und elektrische Felder in Position gehalten werden, etwa um Messungen daran vorzunehmen. Hier geht es aber um den Transport. Der ist nötig, weil am CERN zwar in großer Menge Antimaterie erzeugt, aber nicht erforscht werden kann. Dafür ist das magnetische Hintergrundrauschen durch die riesigen Teilchenbeschleuniger zu groß. Deshalb soll die Antimaterie zu Laboren gebracht werden, wo ihre Eigenschaften viel präziser ermittelt werden können. Solch eines gibt es etwa in Düsseldorf. Weil Antimaterie aber bei der Interaktion mit Materie zerstört wird, ist das kompliziert.

Videos by heise

Gelungen ist der Transport mit einem robusten, transportablen und supraleitenden System, das die Hinzugabe und Entnahme von Antiprotonen ermöglicht, erklärt das Team. Das Fallensystem trägt den Namen BASE-STEP. Es war bereits bekannt, dass damit erstmals eine Protonenwolke aus der "Antimateriefabrik" (AMF) am Antiproton Decelerator (AD) des CERN extrahiert und per Lkw über das CERN-Gelände transportiert wurde. Im Fachmagazin Nature erklärt das Team nun die Einzelheiten. Die Falle funktionierte dabei vier Stunden lang ohne externe Stromversorgung und konnte danach verlustfrei weiter betrieben werden. Damit ist der Transport "über größere Entfernungen im normalen Straßenverkehr möglich", ergänzt Erstautor Marcel Leonhardt.

Der Transportweg über das CERN-Gelände und Messwerte zur Protonenwolke (der Transport erfolgte zwischen den grünen Strichen)

(Bild: Leonhardt et.alLeonhardt et.alhttps://www.nature.com/articles/s41586-025-08926-y)

Antimaterie besteht aus Anti-Teilchen, also Teilchen, die sich lediglich durch ihre entgegengesetzte Ladung von herkömmlichen Teilchen unterscheiden. Ob es wirklich keinen anderen Unterschied gibt und warum das uns bekannte Universum trotzdem nur aus herkömmlicher Materie besteht, gehört zu den großen Rätseln der Physik. Um das zu lösen, braucht es Forschung an Antimaterie abseits des CERN. Mit dem Transport der Protonenwolke ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin absolviert. Der Transport von Antiprotonen ist für dieses Jahr geplant. Eine andere Forschungsgruppe hat das in einem eigenen Versuch ebenfalls vor.

(mho)