Klimawandel: Gletscher werden sich nur sehr langsam erholen
Wenn der globale Klimawandel gestoppt ist, werden sich die Gletscher davon erholen. Das wird allerdings Jahrhunderte dauern.
Gletscher in Island
(Bild: heise online/wpl)
Mit der globalen Erwärmung verschwinden die Gletscher. In den Alpen etwa gibt es heute nur noch halb so viele wie Mitte des 19. Jahrhunderts. Selbst wenn der Klimawandel gestoppt wird, wird es sehr lange dauern, bis die Gletscher sich erholt haben, wie Forscher aus Österreich und Großbritannien berichten.
Das Team um Lilian Schuster von der Universität Innsbruck und Fabien Maussion von der Universitäten Bristol hat die globale Entwicklung der Gletscher bis ins Jahr 2500 unter sogenannten Overshoot-Szenarien simuliert. Das sind die Klimaverläufe, bei denen die Temperatur zeitweise über das 2015 festgelegte Ziel der Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5-Grad-Celsius-Ziel hinausgeht. Die Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift Nature Climate Change veröffentlicht.
Wird dieses Ziel eingehalten, gehen die Gletscher um etwa 35 Prozent zurĂĽck. Allerdings erscheint es derzeit unwahrscheinlich, dass das 1,5-Grad-Ziel eingehalten wird. "Die derzeitigen Klimapolitiken steuern auf rund 3 Grad Celsius zu", sagt Maussion.
Das Team hat ein solches Overshoot-Szenario simuliert: Dabei steigt die Temperatur um 3 Grad bis etwa 2150 und sinkt bis 2300 wieder auf 1,5 Grad – bei einer verzögerten Klimapolitik ist das eine realistische Entwicklung. "Eine solche Welt ist für Gletscher deutlich schädlicher als eine, in der die 1,5-Grad-Grenze nie überschritten wird."
Mehr SĂĽĂźwasser, steigender Meeresspiegel
In diesem Szenario verlieren Gletscher bis 2200 etwa 16 Prozent mehr Masse und bis 2500 rund 11 Prozent mehr, als wenn das 1,5-Grad-Ziel eingehalten würde. Schmelzen die Gletscher, wird kurzfristig mehr Süßwasser verfügbar. Allerdings wird das zusätzliche Schmelzwasser erheblich zum Anstieg des Meeresspiegels beitragen.
Wenn die Temperaturen wieder sinken, werden die Gletscher – das ist die gute Nachricht – auch wieder erholen. Aber nicht so schnell: "Unsere Modelle zeigen, dass es viele Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende dauern würde, bis große Gletscher sich nach einem 3-Grad-Overshoot erholen", sagt Schuster, Hauptautorin der Studie. "Bei kleineren Gletschern, etwa in den Alpen, im Himalaya oder in den Tropischen Anden, ist eine Erholung frühestens bis zum Jahr 2500 denkbar – nicht aber für kommende Generationen."
Andererseits werden die Gletscher von einer konsequenten Klimapolitik profitieren, konstatieren die Forscher: "Obwohl es zunehmend schwieriger wird, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, zeigen unsere Forschungsergebnisse, dass rasche Emissionsreduktionen von Treibhausgasen immer noch zur langfristigen Erhaltung von Gletschern und deren Wasserabfluss beitragen", sagt Schuster. "Eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad würde im Vergleich zu einem temporären Überschreiten auf 3Grad bis zum Jahr 2500 mehr als 10 Prozent mehr Gletschermasse bewahren."
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2025 ist das Internationale Jahr zur Erhaltung der Gletscher. Das Team appelliert an Politik und Gesellschaft, das 2015 in Paris festgesetzte Ziel einzuhalten: "Eine temporäre Überschreitung von 1,5 Grad zementiert den Gletscherrückgang für Jahrhunderte. Vieles davon lässt sich selbst bei späterer Abkühlung nicht rückgängig machen. Je länger wir mit der Emissionsreduktion warten, desto stärker belasten wir künftige Generationen mit unumkehrbaren Folgen."
(wpl)