Oberes 6-GHz-Band: Widerspruch gegen Telekommunikationsfirmen
Nachdem große Netzbetreiber von der EU gefordert haben, Frequenzen im oberen 6 Gigahertz-Band dem Mobilfunk zuzuteilen, gibt es nun Kritik von AVM & Co.
(Bild: Evgeny Ostroushko/Shutterstock.com)
Zwei Wochen nachdem die Technikchefs der großen Netzbetreiber die EU aufgefordert hatten, die Frequenzen deutlich oberhalb von 6 Gigahertz schnell für Mobilfunk zuzuteilen, gibt es nun entschiedenen Widerspruch von anderen Akteuren. In einem Brief an die zuständige Kommissionsvizepräsidentin Henna Virkkunen betonen die 58 Unterzeichner, vom Berliner Fritzbox-Hersteller AVM über den Breitbandverband Breko bis hin zu irischen Internetanbietern und der WiFi-Alliance, dass das Spektrum viel besser für WLAN genutzt werden könne. Europa sei bereits jetzt im Hintertreffen, was neue WLAN-Standards angehe – und für neueste Generationen wie Wi-Fi 8 sei das obere 6-Gigahertz-Band maßgeblich.
Das allerdings sehen die Mobilfunker andersherum für den kommenden 6G-Standard ebenso. Die Frequenzen zwischen 6,425 und 7,125 Gigahertz grenzen derzeit am unteren Ende an die Frequenzen an, die 2021 für WLAN in Deutschland zugeteilt wurden.
Mobilfunker könnten Glasfaserausbau Konkurrenz machen
Hinter der Diskussion stehen harte Geschäftsinteressen: Die Mobilfunker könnten bei exklusiver Nutzung des Frequenzbereichs, in dem Übertragungsraten über 5 Gigabit pro Sekunde möglich wären, in direkte Konkurrenz zu Glasfaseranbietern treten. Zwar ist die Reichweite dieser Frequenzen gering und für die Erschließung abgelegener Gegenden ist der Frequenzbereich denkbar ungeeignet. Doch ob die Glasfaser in dicht besiedelten Gegenden ins Haus führt und dann extrem schnelles WLAN in diesem Frequenzbereich angebunden wird oder ob die Mobilfunker ihre Anbindungen dort als noch schnellere Alternative anbieten, ist eine Grundsatzentscheidung der Frequenz- und Breitbandpolitik und des Marktdesigns.
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"Wenn die Telekommunikationsbetreiber keinen Zugang zu den 6-GHz-Frequenzen gewähren, gefährden wir nötige Glasfaserinvestitionen und behindern gleichzeitig Investitionen in neue Technologien", sagt Martha Suarez, Präsidentin der Dynamic Spectrum Alliance. "Das volle Potenzial der Glasfaserinfrastruktur zu vergeuden, die am Ende einer halbfertigen Brücke gleicht, ist ein Risiko, das Europa gar nicht erst eingehen sollte."
Die Absender fordern daher von der Kommission, eine anstehende Empfehlung der beratenden Radio Spectrum Policy Group abzuwarten und diese mit ihrem für den Herbst erwarteten Vorschlag eines Digital Networks Act abzugleichen, statt aus ihrer Sicht vorschnelle Entscheidungen zu treffen, nachdem die Weltfunkkonferenz diesen Teil des Funkspektrums vor eineinhalb Jahren für Mobilfunk vorgesehen hatte.
(mho)