Smartphones in Schulen: Niedersachsen und Sachsen gegen pauschale Verbote
Wie die Länder mit Handys in Schulen umgehen, wird zunehmend unterschiedlicher. Die einen ändern bereits Gesetze, während andere weitere Gesprächsebenen suchen.
(Bild: Dragon Images/ Shutterstock.com)
Ob die Nutzung von Smartphones in Schulen für Schülerinnen und Schüler pauschal verboten werden sollte, wird weiterhin auf Länder- und Bundesebene heiß diskutiert. Sowohl im Landtag Niedersachsen als auch im Landtag Sachsen war das Thema nun Teil der Tagesordnung. Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) und Sachsens Kultusminister Conrad Clemens (CDU) erteilten pauschalen Verboten jeweils eine Absage und setzen derzeit eher auf Dialoge und breit abgestimmte Empfehlungen.
Auf der Bundesebene regeln
Aus Sicht von Kultusministerin Hamburg greifen Rufe nach pauschalen Handynutzungsverboten zu kurz. Handlungsempfehlungen könnten den Schulen hingegen Rechtssicherheit geben. Zudem sprach sie sich gegen Alleingänge der Länder aus. Diese seien nicht zielführend. Hamburg will sich dementsprechend für bundesweit einheitliche Empfehlungen einsetzen und das "mit Nachdruck vorantreiben". Überraschend mag deshalb erscheinen, dass die Regierungskoalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Landtag Niedersachsen das Thema mit einem Antrag selbst ins Plenum einbrachte. Somit konnte sie der Opposition allerdings auch einen Schritt voraus sein, damit die bundesweit schwelende Debatte nicht landesintern entgleitet.
In Sachsen hatte das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) einen Antrag in den Landtag eingebracht, der ein Handyverbot in Grundschulen per Gesetz forderte. Im Parlament erreichte er nicht die erforderliche Mehrheit. Nur die AfD stimmte ihm zu. Kultusminister Clemens zeigte sich einem pauschalen Verbot gegenüber zwar auch nicht völlig abgeneigt, lädt derzeit aber lieber zu einem sogenannten "Handygipfel" am 28. August ein. Dort könnten sich Abgeordnete, Lehrkräfte und Expertinnen und Experten zu dem Thema "ergebnisoffen" austauschen.
In den Debatten beider Länder wurde immer wieder darauf verwiesen, dass bereits zahlreiche Schulen Regelungen zur Handynutzung während der Unterrichtszeit getroffen haben. Wie die dpa berichtet, kritisiert aber unter anderem der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Niedersachsen, dass es bisher keine konkreten Handlungsempfehlungen gibt. Franz-Josef Meyer, Landesvorsitzender des VBE Niedersachsen, erklärte: "Die Schulen fühlen sich oft bei dem Thema überfordert und alleingelassen". Die jeweiligen Oppositionen in den Landtagen brachten ähnliche Argumente vor, verwiesen zum Teil aber auch auf die erhaltungswürdigen Eigenverantwortlichkeiten der Schulen.
Alleingänge der Länder
Unter anderem Hessen und Bremen haben sich bereits für klarere Regeln und auch Verbote ausgesprochen. Bremen hat besonders schnell Nägel mit Köpfen gemacht. Schon ab dem 1. Juni sind dort Handys an Grundschulen und weiterführenden Schulen bis zur 10. Klasse verboten. Veröffentlicht wurde diese Entscheidung Mitte Mai dieses Jahres.
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In Hessen arbeitet man derzeit noch an einem entsprechenden Verbot, das ab dem Schuljahr 2025/2026 gelten soll. Der Gesetzesentwurf hat im März dieses Jahres die erste parlamentarische Hürde mit der Mehrheit der schwarz-roten Landesregierung genommen. Noch vor den Sommerferien soll der Landtag das "Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes" endgültig verabschieden. Kommen die Gesetzesänderungen wie geplant, ist die private Nutzung von Handys, Tablets und Smartwatches an allen hessischen Schulen von August an grundsätzlich verboten. Zu Unterrichtszwecken können Lehrkräfte und Schulen die Nutzung privater Geräte aber weiterhin gestatten.
Politik in der Verantwortung
Die OECD forderte in ihrem jüngsten Bericht zum Wohlbefinden von Kindern im digitalen Zeitalter von der Politik, klare Leitlinien zu entwickeln, die Pädagogen, Erziehungsberechtigte und Betreuer dabei unterstützen, Kindern bei der Bewältigung ihres Umgangs mit digitalen Technologien zu helfen. Der Bericht betont die Notwendigkeit evidenzbasierter Regelungen und sektorübergreifender staatlicher Maßnahmen als Reaktion auf die weitverbreitete Nutzung digitaler Medien durch Kinder. Es bedürfe wirksamer Maßnahmen zum Schutz von Heranwachsenden im digitalen und schulischen Umfeld, um sicherzustellen, dass die Verantwortung für den Schutz und die Förderung gesunder digitaler Praktiken Eltern und Kinder nicht übermäßig belaste. Lehrkräfte, Schulen und Bildungssysteme spielen laut OECD-Bericht eine entscheidende Rolle dabei, Kindern digitale Kompetenzen und gesellschaftliche Verantwortung zu vermitteln. Dafür bräuchten Lehrkräfte aber unter anderem entsprechende Weiterbildungen.
(kbe)