Digitalminister will offene Standards und Open Source zum Leitprinzip machen
Digitalminister Wildberger macht sich auf der re:publica für mehr Souveränität stark und fordert Alternativen auch beim digitalen Zahlen und Social Media.
(Bild: Gregor Fischer/re:publica)
Bundesdigitalminister Karsten Wildberger (CDU) hat auf der Internetkonferenz re:publica eine Lanze für eine stärkere digitale Souveränität in Deutschland und Europa gebrochen. Er wolle offene Standards und Open Source zum "Leitprinzip" machen, betonte der Ex-Vorstandsvorsitzende von Ceconomy (MediaMarkt und Saturn) am Dienstag in Berlin.
Alle Gespräche, die er mit seinen vier Wochen im Amt führe, "beinhalten genau diese Themen". Die Dringlichkeit, unabhängiger von angestammten Softwareanbietern, Cloud-Dienstleistern und Big-Tech-Konzernen aus den USA zu werden, sei "größer denn je". Hier werde sich aber nicht einfach ein Schalter umlegen lassen. Vielmehr sei es möglich, das Bewusstsein für einen Wandel zu schaffen.
Mit deutschen und europäischen IT-Lösungen besteht laut Wildberger die Chance, Plattformen zu schaffen und Technologien zu bauen, die auf "unseren Werten" basierten. Er sprach dabei konkret Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Gerechtigkeit, Offenheit, die soziale Marktwirtschaft und ein funktionierendes Gemeinwesen an. Nötig sei ein Deutschland-Stack, also eine einheitliche IT-Infrastruktur mit Cloud- und IT-Diensten, die nicht jeweils 20 Mal gebaut werden müssten. Jeder Bürger sollte zudem eine digitale Identität über die geplante EU-Wallet (EUDI) erhalten.
Aktuell lägen über 75 Prozent der europäischen Cloud-Daten "in Händen von US-amerikanischen Hyperscalern", verwies der Minister auf die Stärke von AWS, Google, Microsoft & Co. "Warum?", fragte er in die Runde. Dieser Ansatz habe so keine Zukunft; die Bundesregierung engagiere sich dafür für europäische Strukturen in den Rechnerwolken. Diese seien "Teil eines fairen, offenen und innovationsgetriebenen Wettbewerbs".
Sensible Payment-Daten verlassen den EU-Rechtsraum
Für dringend nötig hält der Ex-Manager ferner alternative Angebote fürs digitale Bezahlen, "die Akzeptanz finden und den Bürgern ein sichereres Gefühl geben". Es brauche dafür eine vertrauenswürdige Infrastruktur mit höchsten Sicherheitsstandards. Derzeit kämen 80 Prozent der Payment-Anbieter nicht aus Europa, sodass viele sensible Daten "unseren Rechtsraum" verließen. Auf die Pläne für einen digitalen Euro ging er aber nicht ein. Auch bei Social Media komme es darauf an, im Sinne eines besseren Austauschs dezentral zu agieren und mit offenen Schnittstellen zu arbeiten.
Eine digitale Verwaltung mit funktionierendem E-Government hinzubekommen, ist ein weiteres "dickes Brett", an dem Wildberger bohren will. Andere Länder orchestrierten hier zentraler, aber er habe noch nicht alle Antworten für eine Lösung. Im eigenen Haus wolle er ein Zentrum für IT-Sicherheit des Bundes in enger Kooperation mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) errichten, um Grundvoraussetzungen etwa für digitale Services zu schaffen. Das Land benötige ferner einen "wirtschaftlichen Schub nach vorne". Für Gründer auch im Bereich Datenwirtschaft und KI müsse der Standort attraktiv sein. Aufgabe des Staates dabei sei es, für Start-ups einen Freiraum zu schaffen, in dem sie "selber was aufbauen" könnten.
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Auf die Frage, ob das entstehende Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung schon eine "Signal-Gruppe" für den Messaging-Austausch gegründet habe, antwortete der Ressortchef nach der US-TeleMessage-Affäre, dass das Haus hier noch "wild unterwegs" sei und noch auslote, welche Infrastruktur dafür die Beste sei. Auf jeden Fall müssten die hohen Sicherheitsanforderungen eingehalten werden: "Wir geben ein bisschen drauf Acht, wie wir kommunizieren." WhatsApp komme jedenfalls nicht zum Einsatz. Viel laufe in der derzeitigen Phase über Telefonieren und den persönlichen Austausch.
(dahe)