Betrug mit Seagate-Festplatten: Kein Ende in Sicht
Im Frühjahr gab es Hunderte Fälle, bei denen Kunden mit als neu verkauften Gebraucht-HDDs übers Ohr gehauen wurden. Das passiert auch weiterhin.
Ende letzter Woche erhielt unser Leser Marc N. seine bei Proshop bestellten Seagate-Festplatten. Nach dem Einbau in sein Synology-NAS ließ er zur Sicherheit ein Prüfprogramm laufen, und siehe da: Das Tool meldete, dass die Laufwerke bereits fast 20.000 Stunden auf dem Buckel hatten. Es handelte sich um Exos-X18-Modelle mit 16 TByte, Typenbezeichnung ST16000NM000J. Der Preis ließ nicht darauf schließen, dass die Laufwerke gebraucht waren; auch enthielt die Rechnung keinen Hinweis darauf. Damit setzt sich die Reihe von Betrugsfällen aus dem Frühjahr fort.
Proshop hat die Platten anstandslos zurückgenommen und sich für die fehlerhafte Lieferung entschuldigt; der Händler hat auch die Kosten für den Rückversand übernommen.
Fehlerquelle: automatisiertes Beschaffungssystem
Auf unsere Anfrage hat Proshop den Vorgang bestätigt. Es handelte sich bei der Lieferung an unseren Leser demnach um zwei von insgesamt zehn Laufwerken, die "von einem deutschen und vertrauenswürdigen, aber nicht offiziellen Seagate-Distributor stammen". Weiterhin schrieb der Händler: "Wir beziehen unsere Festplatten nur noch von offiziellen Distributoren, jedoch scheinen sich die besagten zehn Festplatten durch automatisierte Beschaffungssysteme eingeschlichen zu haben."
Eine weitere Nachfrage nach der Herkunft der Laufwerke und weiteren betroffenen Kunden beantwortete der Händler bis dato nicht.
Seagate, der Hersteller der Laufwerke, ermittelt aktuell immer noch und konnte uns keine neueren Informationen zu den Betrugsfällen geben.
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Weiterhin Vorsicht angeraten
Wir folgern aus dem neuen Fall, dass immer noch als neu deklarierte Gebrauchtfestplatten in den Lagern einiger Händler und Großhändler liegen. Ob diese von den falsch deklarierten Geräten wissen und ob sie diese dennoch zum Neupreis verkaufen, bleibt unklar.
Wir raten weiterhin zur Vorsicht: Achten Sie nach dem Kauf einer neuen Festplatte auf Abnutzungsspuren am Gehäuse, schauen Sie auf das Produktionsdatum und überprüfen Sie den Garantiestatus anhand der Seriennummer. Server- und NAS-Modelle von Seagate sammeln über die SMART-Daten hinausgehende Werte, die die Betrüger anscheinend bislang nicht löschen können; diese lassen sich mit Tools auslesen. Seagates Desktop-Modelle der Barracuda-Reihe und Festplatten anderer Hersteller lassen sich per Software nicht so einfach auf einen möglichen Betrug hin überprüfen.
Wir nehmen weiterhin gerne Hinweise auf weitere Betrugsfälle entgegen, nicht nur zu Festplatten. Falls Sie dabei anonym bleiben möchten, nutzen Sie gerne unseren anonymen Briefkasten unter heise.de/investigativ.
(ll)