Studie: Apple kassiert nur bei 10 Prozent der App-Umsätze mit
Mit einer Studie tritt Apple dem Eindruck dagegen, dass beim iPhone ĂĽberall mitverdient wird. Zugleich wird der Wirtschaftsfaktor App-Ă–kosystem aufgezeigt.
(Bild: tre / Mac & i)
Das Bild, das Politiker, Richter, Regulierer und Kritiker zeichnen, hat sich inzwischen bei vielen eingebrannt: Apple als ungeliebter Zöllner, der bei Anbietern von Apps und digitalen Dienstleistungen für das Passieren des iPhones als oftmals einziger Weg zum Kunden fleißig die Hand auffällt und abkassiert. Und das, obwohl er dafür nur den Schrankenbaum anhebt und seine Ausgaben für das Unterhalten seines Ökosystems plus einen Gewinn längst in der Kasse hat. Die neudeutsch Gatekeeper bezeichneten großen Tech-Riesen stehen im Fokus der Regulierer bei der EU-Kommission. Auch im Heimatmarkt USA ist der Ton längst rauer geworden. Nur findet dort die Auseinandersetzung, wie im Falle Epic, eher vor Gericht statt.
Eine internationale Studie könnte Apple dazu verhelfen, sich die Deutungshoheit, wie viel der iPhone-Hersteller wirklich an der Nutzung der Geräte durch die Käufer verdient, zurückzuholen. Zumindest soll das Papier von Wirtschaftswissenschaftlern der Boston University und der Analysis Group, das von Apple unterstützt wurde, offenbar den Blick erweitern. Wie weitreichend die Unterstützung war, ob also die Studie von Apple finanziert oder etwa nur mit Daten unterstützt wurde, verrät das Unternehmen, das die Studie aktuell an Medienvertreter verteilt, nicht. Die geäußerten Schlussfolgerungen und Meinungen seien aber ausschließlich die der Autoren, wird in dem 17-seitigen Papier betont.
Die Forscher haben sich Entwicklerumsätze und -verkäufe genauer angesehen. Das Ergebnis stützt Apples Bemühen, seinen Anteil in ein anderes Licht zu rücken: Für mehr als 90 Prozent dieser Umsätze kassiere Apple nämlich gar keine Provision, heißt es darin.
1,3 Billionen US-Dollar Umsatz weltweit
Und mehr noch: Die Analyse verstärkt die Aussage vom iPhone-Ökosystem als großem Wirtschaftsfaktor. Von Umsätzen und Verkäufen in Höhe von weltweit 1,3 Billionen US-Dollar alleine im Jahr 2024 ist da die Rede – und nein, der Autor ist nicht auf den typischen Übersetzungsfehler hineingefallen, dass die englische billion im Deutschen "nur" eine Milliarde ist.
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Den größten Anteil am Gesamtumsatz machen mit 1,014 Billionen Dollar (78 Prozent) physische Waren und Dienstleistungen aus, die über Apps verkauft werden – etwa Lebensmittellieferungen oder Online-Shopping. Hier verdient Apple in der Regel nichts mit, da diese Transaktionen nicht über das hauseigene Bezahlsystem laufen.
Digitale Güter und Services, bei denen Apple seine umstrittene 15- bis 30-prozentige Provision erhebt, machten nur 131 Milliarden Dollar (10 Prozent) aus. In-App-Werbung generierte weitere 150 Milliarden Dollar (12 Prozent), wovon Apple ebenfalls keine direkten Erlöse bezieht.
Wirtschaftsfaktor App-Ökosystem wächst
Die Studie zeigt auch, wie der Wirtschaftsfaktor Smartphone in den vergangenen Jahren weiter zugelegt hat: Seit 2019 haben sich die Umsätze demnach mehr als verdoppelt, von 514 Milliarden auf die aktuellen 1,3 Billionen Dollar. Besonders stark wuchsen physische Waren und Services um 162 Prozent, getrieben durch die gestiegene Nachfrage nach Lebensmittellieferungen und Online-Shopping. Den stärksten Zuwachs verzeichnete das Ridesharing-Segment mit einem Plus von 334 Prozent, gefolgt von digitalen Zahlungsdiensten (+241 Prozent) und Essensbringdiensten (+222 Prozent). Selbst das langsamste Wachstumssegment, die Lebensmittelbringdienste, legte noch um 57 Prozent zu.
Regional zeigen sich klare Unterschiede: China dominiert mit 539 Milliarden Dollar Gesamtumsatz, gefolgt von den USA (406 Milliarden) und Europa (148 Milliarden). In Europa ist vor allem Großbritannien mit 55,1 Milliarden US-Dollar vorn. Deutschland wird mit 21,5 Milliarden US-Dollar angegeben – mit den größten Anteilen in den Bereichen Onlinehandel (5,9 Mrd. US-Dollar), Reise (5,7 Mrd. US-Dollar) und In-App-Werbung (2,9 Mrd. US-Dollar). In China machen physische Güter sogar 90 Prozent des App Store-Umsatzes aus, deutlich mehr als in anderen Regionen. Die USA führen hingegen bei digitalen Gütern und In-App-Werbung – den Bereichen, in denen Apple tatsächlich Provisionen kassiert. Hier erzielte das Unternehmen mehr als doppelt so hohe Umsätze wie in China oder Europa.
Ob Apple mit der Studie die Regulierer überzeugen kann, ist dennoch fraglich. Denn die Zahlen zeigen zwar das Gesamtvolumen, nicht aber die tatsächlichen Gewinnmargen Apples in den lukrativsten Segmenten. Und für Entwickler führt außerhalb der Europäischen Union bislang kaum ein Weg an Apple vorbei, wenn es darum geht, die iPhone-Nutzer zu erreichen.
(mki)