Wirtschaftsministerin: Neuer Kurs bei Chip-Subventionen verunsichert die Branche

Deutschlands Wirtschaftsministerin Reiche will das finanzielle FĂĽllhorn fĂĽr Chipfabriken drosseln. Die Branche ist ausgabefreudig, erwartet aber UnterstĂĽtzung.

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Eine Person in Reinraumkleidung hält einen Computerchip in die Kamera

(Bild: Maksim Shmeljov/Shutterstock.com)

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Die deutsche Halbleiterbranche sieht sich mit einem unerwarteten Kurswechsel in der Subventionspolitik konfrontiert. Von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sind kaum neue umfangreiche Förderzusagen zu erwarten, was in der Branche für Irritationen sorgt. Ihr Investitionsbedarf ist enorm. Bestehende Förderprogramme sind massiv überzeichnet.

Reiche distanzierte sich bei einem Bühnengespräch am Freitag bei den Familienunternehmer-Tagen in Berlin deutlich von der bisherigen Subventionspraxis. "Die beste Industriepolitik sind erst einmal gute Rahmenbedingungen, aber nicht das einzelne Fördern einzelner Unternehmen", betonte sie laut dem Politico-Newsletter Industrie & Handel.

Diese Haltung markiert eine Abkehr von der Strategie des "Was auch immer nötig ist" ihres Vorgängers Robert Habeck, unter dem milliardenschwere Förderzusagen für Chipfabriken üblich waren. Der Grüne stieß auch "Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse" (IPCEI) für Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien mit an, in dessen Rahmen die EU-Kommission etwa im Herbst 2023 passend zu einem "Chips-Gipfel" ein weiteres milliardenschweres Beihilfeprogramm genehmigte. Dahinter steht der Ansatz, im Halbleitersektor unabhängiger von Taiwan, den USA und China zu werden

Unter Habeck sagte die Bundesregierung allein zehn Milliarden Euro für Intel in Magdeburg zu. Der Bau dieser geplanten Chip-Fabriken liegt auf Eis. Dazu kamen fünf Milliarden Euro für TSMC und Partner in Dresden für das ESMC-Halbleiterwerk, dessen Spatenstich erfolgt ist. Im November öffnete Habeck zudem den aktuellen Fördertopf des Klima- und Transformationsfonds (KTF), in dem zwei Milliarden Euro für die Halbleiterbranche reserviert sind. Allerdings bewerben sich laut Bloomberg 20 Unternehmen auf diese Mittel, die insgesamt sechs Milliarden Euro an Subventionen für ihre Projekte hätten.

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Ein Beispiel für den Förderengpass ist Globalfoundries. Der US-Konzern hat bereits eine vorläufige Zusage für eine Erweiterung seines Dresdner Werks mit mehreren Hundert Millionen Euro vom Bund erhalten und nach eigenen Angaben mit der Realisierung seines Projektes nach dem European Chips Act in Dresden begonnen. Ein weiterer Interessent ist das Dresdner Start-up FMC, das Chips entwickeln und produzieren möchte. Allein dieser Anwärter hofft für den Bau einer Fabrik auf 1,3 Milliarden Euro Zuschuss, wie das Handelsblatt schreibt. Das sind fast zwei Drittel des gesamten aktuellen Fördertopfs.

Die Branche reagiert mit Unverständnis auf die restriktive Haltung der Ministerin. Frank Bösenberg vom Netzwerk Silicon Saxony beklagt die unzureichende Mittelausstattung gegenüber Politico: "Die zwei Milliarden Euro werden niemals ausreichen, um wichtige Ansiedlungen zu stemmen." Er drängt auf Umverteilung der für Intel vorgesehenen Milliarden. Auch der Digital- und Elektronikverband ZVEI übt Druck aus: "Die angekündigten Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag müssen mit ausreichenden Fördermitteln und einer klaren politischen Priorität unterlegt werden."

Reiche bremst die Beihilfe-Euphorie. Die Folge solcher Subventionen sei oft, "dass man sich mit der wirtschaftlichen Tragfähigkeit" überschätze, sagte sie in Berlin. Sie deutete damit an, dass künftige Projekte auf einer solideren wirtschaftlichen Basis stehen müssten, statt sich zu stark auf Steuergeld zu verlassen.

(ds)