Handyverbot an Schulen: Sloterdijk will Debatte durch Drogeneinstufung beenden
Der Philosoph Peter Sloterdijk hat sich zur Handyverbotsdebatte geäußert. Er vergleicht den Einfluss von Smartphones auf Kinder mit Drogen. Eltern seien Dealer.
(Bild: BearFotos/Shutterstock.com)
Der Philosoph Peter Sloterdijk übt harsche Kritik an Eltern, die Kinder und Jugendliche Smartphones nutzen lassen. Er vergleicht die Geräte mit Drogen und Eltern mit Drogendealern. Er stellt in diesem Zusammenhang zudem die Rolle von Schulen infrage. Wolle man nur eine "ausbildende" oder auch eine "erziehende" Schule? Ein Handyverbot für Kinder und Jugendliche an Schulen ordnet er einer erziehenden Schule zu. Ein Verbot hält er für sinnvoll.
Debatte mit Drogeneinstufung beenden
Sloterdijk erklärte gegenüber der dpa, dass gesellschaftlich "die Dinge zu sehr schleifen" gelassen wurden. "In den Schulen sind Zustände herangereift, mit denen wir nicht glücklich sein können. Handys müssten unter das Drogenverbot fallen, dann erübrigt sich die Debatte." Seiner Meinung nach, könne dieses Verbot gar nicht früh genug einsetzen, da ein Entzug bei jeder Form von Sucht immer außerordentlich schwierig sei.
Eltern sieht er besonders in der Pflicht: "Es ist eine enorme Mitverantwortung der Eltern zu konstatieren – und ein enormes Versagen, denn sehr viele Eltern verhalten sich selber wie Drogendealer, die ihren Kindern dieses Ding in die Hand drücken. Wenn das Kind erst einmal Smartphone-süchtig geworden ist, ist das für die Eltern eine große Entlastung, weil sie weniger Zeit mit ihm verbringen müssen – das Kind hat ja nun einen digitalen Spielgefährten."
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In Bezug auf Bildungseinrichtungen gehe es auch letztlich um die Frage, ob man eine erzieherische oder nur eine ausbildende Schule wolle: "In dem Moment, in dem wir akzeptieren, dass Kinder auch ein Recht auf Erziehung haben, müssen wir Ernst machen mit ihrem Recht, vor der Kolonisierung durch anonyme Gewalten in Gestalt der neuen Medien geschützt zu werden. Alles andere ist so, als würden wir ständig einem Einbrecher die Tür öffnen. Man darf es den medialen Einbrechern, die in die Kinderstuben eindringen, nicht so einfach machen." Eine erziehende Schule müsse Medienkontrolle ausüben, und zwar streng, erklärte er.
Habe man begriffen, dass Haschisch und andere Rauschgifte aus der Schule ausgeschlossen werden müssen, sollte dies auch für Smartphones gelten, da diese ebenfalls eine Drogenqualität hätten. Er konkretisierte: "Sie schädigen das Hirn, evozieren Persönlichkeitsstörungen ohne Ende. Derzeit werden sie als Informationsmedien mystifiziert, aber kein Junge, kein Mädchen verwendet sie so. Es sind Partydrogen, um sich in der Fünf-Minuten-Pause schnell noch einen Kick zu verpassen."
Gesellschaftliche und politische Debatte
Momentan wird auf Länderebene, Bundesebene, aber auch in den Feuilletons über Handyverbote an Schulen und auch Altersbeschränkungen für die Social-Media-Nutzung gestritten. Auf Länderebene werden Regeln zur Nutzung von privaten Endgeräten wie Smartphones, Tablets oder Smartwatches teilweise verschärft oder überhaupt erst in Schulgesetze gegossen. Schulen, die bisher noch keine Regeln zur Handynutzung während der Schulzeit aufgestellt haben, werden dadurch zu konkreten Absprachen verpflichtet. Bundesbildungsministerin Prien spricht sich sowohl bezüglich (privater) Endgeräte in Schulen als auch der Nutzung von Social Media klar für strengere Regeln aus, im Unionslager zeichnete sich allerdings zuletzt Uneinigkeit beim Thema Social Media ab. Absprachen zwischen Bund und Ländern könnten dadurch wesentlich schwieriger werden.
Inwieweit das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen im digitalen Zeitalter beeinträchtigt wird, versuchte etwa der jüngste OECD-Bericht darzustellen. Die Herausgeber des Berichts stellten vor allem aber eines fest: Es gibt derzeit zu wenige Studien, um eindeutige, evidenzbasierte Aussagen zu Einflüssen von bestimmten digitalen Angeboten treffen zu können. Mehr belastbare Studien wurden angemahnt.
(kbe)