Stadtspaziergänge ohne Hitze-Stress: Diese App navigiert dich durch den Schatten

Nie mehr Hitzestress in der Stadt: Eine neue App navigiert Fußgänger auf den kühlsten Wegen und vermeidet sonnige Strecken.

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Frau wedelt sich mit Fächer Luft zu

(Bild: fizkes/ Shutterstock.com)

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Wenn an heißen Sommertagen der Asphalt flimmert, steht ein Fußweg auf der Wunschliste vieler Menschen sicher nicht ganz oben. Manchmal allerdings lässt er sich nicht vermeiden. Für ältere Menschen, Kinder und Kranke ist das nicht nur lästig, sondern oft sogar gefährlich. Helfen soll eine Art Navi, das nicht nur den kürzesten, sondern auch den kühlsten Weg von A nach B ermittelt.

Die sogenannte HEAL-App – benannt nach dem Projekt "Hitzeanpassung für vulnerable Bevölkerungsgruppen" – wurde von einem Forschungsteam aus Heidelberg entwickelt und ist mittlerweile dort und in weiteren Städten verfügbar (hier auch als Webanwendung integriert). "Die Anwendung identifiziert Hitzestress entlang einer Route und berechnet dann einen alternativen Weg, der wenig beschattete Hauptstraßen vermeidet und die Nutzerinnen und Nutzer durch Parks und schattige Gebiete führt", sagt Sven Lautenbach, Professor für Geoinformatik an der Universität Heidelberg und wissenschaftlicher Leiter am Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT). Sie zeige außerdem die Art des Weges, den Oberflächenbelag und die Steigung entlang der gewählten Strecke an.

Lautenbach zeigt die Oberfläche der App, die über einen Browser erreichbar ist. Zu sehen ist eine Karte und die üblichen Eingabefelder zu Start- und Zielort. Wie in jedem Routendienst lassen sich Start- und Zielort markieren und es können Kriterien eingegeben werden. Verschieden warme Alternativrouten erscheinen auf der Karte farblich gekennzeichnet von Blau bis Rot. "Tiefrote Pfade sollten Hitzeempfindliche möglichst meiden", sagt Lautenbach.

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Da vor allem die direkte Sonneneinstrahlung zur Hitzebelastung von Fußgängern beiträgt, lag der Forschungsfokus darauf, wie sich der Schattenwurf von Gebäuden und Bäumen im Verlauf eines Tages verändert. Das Team hat mit Gebäudehöhen und -abständen aus digitalen Stadtplänen und mit Daten zur Vegetation gearbeitet. "Daraus haben wir dann für jeden Ort in der Stadt und jede Zeit am Tag den Schattenwurf errechnet", erklärt Lautenbach. Das wurde für vier über den Tag verteilte Zeitpunkte getan und der Verlauf dazwischen interpoliert. Außerdem wurde der Schattenwurf für mehrere Tage im Jahr gerechnet und der Verlauf abhängig von Sonnenstand und Jahreszeit ermittelt. Noch mehr Informationen zu den Temperaturen in der Stadt liefern mehr als 20 Wetterstationen, die die Forschenden größtenteils eigens für dieses Projekt installiert hatten.

Für die Empfehlung der besten Strecke muss der Routendienst allerdings noch einen Zielkonflikt lösen. "Der kühlste Weg ist in der Regel nicht der kürzeste", sagt Kathrin Foshag vom Geographischen Institut der Universität Heidelberg. Um einen Einblick zu bekommen, wie betroffene Personen dazu stehen, haben die Forschenden unter anderem Kontakt zu Senioren- und Pflegeheimen sowie zu Familien mit kleinen Kindern aufgenommen. "Wir haben mit den Menschen gesprochen, gemeinsam Stadtspaziergänge unternommen und Umfragen konzipiert und ausgewertet", erzählt Foshag. Herausgekommen sei zum Beispiel, dass vulnerable Personen einen Umweg von fünf Minuten gerne in Kauf nehmen. Dauere er zehn Minuten, werde hingegen die wärmere Route bevorzugt. "Gesunde, jüngere Erwachsene wiederum lehnen einen Umweg generell ab – was ja im Grunde keine Überraschung ist", sagt die Forscherin.

Nicht zuletzt lieferten Messungen, Stadtspaziergänge und Umfragen auch nützliche Daten für die Stadtplanung. "Zum Beispiel, welche Kreuzungen ein Problem sind, weil dort kein Schatten ist und die Rotphase für Fußgänger sehr lange dauert", sagt Lautenbach. Und er präsentiert eine Karte von Heidelberg, die zeigt, wie gut Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs an heißen Tagen zu erreichen sind – einstellbar für verschiedene Hitzeempfindlichkeiten. "Man sieht, dass es in manchen Stadtvierteln durchaus Probleme geben kann und Haltestellen für gefährdete Personen gar nicht erreichbar sind", sagt Sven Lautenbach. Mögliche Gegenmaßnahmen wären zum Beispiel mehr Haltestellen oder Bäume.

Die HEAL-App soll nun für immer mehr Städte verfügbar gemacht werden. Zudem ist das System den Forschenden zufolge auf Fahrradwege übertragbar. Auch daran werde bereits gearbeitet, heißt es.

Dieser Beitrag ist zuerst bei t3n.de erschienen.

(anh)