Statt Uniabschluss: Wird die Ausbildung im KI-Zeitalter wieder wichtiger?

Macht KI den Uni-Abschluss obsolet? Junge Menschen zweifeln an der Relevanz des Studiums. Ein Forscher sieht die Chance fĂĽr ein Comeback der dualen Ausbildung.

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Geldmünzen vor Tafel an Universität

(Bild: ITTIGallery/Shutterstock.com)

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Von
  • Andreas Weck
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

In Deutschland gibt es immer mehr Studierende. Zuletzt kamen auf zehn Akademiker im Schnitt nur 4,3 Auszubildende. In den Fünfzigern waren es noch 75,5. Verliert die Lehre an Bedeutung? Aus Sicht der Uniabsolventen lässt sich das nicht klar sagen. Die Jobplattform Indeed hat 500 aktuelle oder ehemalige Studierende zu ihren Zukunftsperspektiven befragt.

Die Erhebung zeigt, dass die große Mehrheit der Befragten mit 82 Prozent zwar grundsätzlich zufrieden mit ihrer akademischen Laufbahn ist. Zweifel und Unsicherheit über den besten Karriereweg gibt es aber trotzdem.

Virginia Sondergeld, Ökonomin beim Indeed Hiring Lab, sagt: "Auch Ausbildungsberufe bieten vermehrt spannende Entwicklungs- und Verdienstmöglichkeiten, die in Teilen mit denen klassischer Wissensarbeit mithalten können. Da hat sich in den vergangenen Jahren einiges zugunsten der Mitarbeitenden verschoben."

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Mit 67 Prozent haben immerhin zwei Drittel zumindest schon mal darüber nachgedacht, ob eine Ausbildung nicht besser zu ihnen gepasst hätte. Mit 11,4 Prozent stimmt inzwischen jeder Zehnte der Aussage sogar voll und ganz zu.

Genährt werden die Zweifel der Befragten von den Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz (KI). Mit 52 Prozent machen sich mehr als die Hälfte von ihnen Sorgen, dass KI viele der in ihrem Studium angeeigneten Fähigkeiten überflüssig machen könnte. Unter den aktuellen Studierenden sehen das 46 Prozent so, bei den Young Professionals, die das Studium schon beendet haben und schon ins Arbeitsleben gestartet sind, sind es sogar 58 Prozent.

Dass die BefĂĽrchtungen nicht unbegrĂĽndet sind, zeigen diverse Entwicklungen am Arbeitsmarkt. Eine aktuelle Arbeitstrendstudie von Deloitte kommt zu dem Schluss, dass Junior-Rollen durch Automatisierungen zunehmend obsolet werden, jetzt, wo KI-Agenten niedrigschwellige Aufgaben ĂĽbernehmen.

Sebastian Pfeifle, Human Capital Lead bei Deloitte Deutschland, nennt als Beispiel etwa Recherchetätigkeiten, wie das Erfassen, Sortieren und Verarbeiten von Daten und Informationen. Die werden in den Universitäten gelehrt, treffen aber immer weniger auf Bedarfe in Unternehmen.

Auch Martin Krzywdzinski, Direktor am Weizenbaum-Institut und Leiter der Forschungsgruppe „Globalisierung, Arbeit und Produktion“ am Wissenschaftszentrum Berlin, stimmt zu: „In unseren Interviews und Untersuchungen in Bereichen wie Programmierung und Datenanalytik sehen wir Anzeichen für eine solche Entwicklung.“

Der Forscher sieht in der dualen Ausbildung ein starkes Vehikel, um Kompetenzen schneller entlang aktueller Technologie- und Marktentwicklungen aufzubauen. Man müsse lernen, mit KI zu arbeiten, um unter Anleitung zügig von einfachen zu komplexeren Aufgaben schreiten zu können. Das passiert in privaten Unternehmen oft schneller als in staatlich organisierten Bildungseinrichtungen.

Die Potenziale von KI, aber auch die Angst unter Absolventen, durch sie überflüssig zu werden, sollten Viginia Sondergeld nach zu urteilen, alle Organisationen weiter beschäftigen. Manuelle Tätigkeiten, die ein geringes Ersetzungspotential durch KI haben, werden wertvoller im Vergleich zu einfachen Wissensarbeiten, was eine Ausbildung entlang dieser Tätigkeiten attraktiver machen könnte.

"Arbeitgeber und Hochschulen sind gut beraten, sowohl Studierende als auch Auszubildende auf die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt vorzubereiten. Dazu gehört auch, ihnen Fähigkeiten mitzugeben, wie sie KI nutzen können, statt sie zu fürchten."

Dieser Beitrag ist zuerst bei t3n.de erschienen.

(jle)