Datenschutz: Psychologen gegen geplante Weitergabe sensibler Daten an Behörden
Erste Bundesländer wie Hessen planen die Weitergabe sensibler Patientendaten. Experten warnen vor Stigmatisierung und Vertrauensverlust.
(Bild: hikrcn/Shutterstock.com)
Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) warnt eindringlich vor einer Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen durch Gesetzesänderungen, die einen verbesserten Informationsaustausch zur Gefahrenabwehr ermöglichen sollen. Der jüngste Vorstoß in diese Richtung kommt von der hessischen Landesregierung. Dabei geht es um Änderungen am Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG).
Der Gesetzesentwurf von CDU und SPD sieht vor, dass sensible Daten von Personen, die sich in psychiatrischer Unterbringung befinden, künftig an Behörden und die Polizei weitergegeben werden können, wenn etwa Ärzte eine potenzielle Gewaltbereitschaft oder Fremdgefährdung einschätzen. Mehrere Bundesländer prüfen ähnliche Regelungen.
Instrumentalisierte Einzelfälle
Aus Sicht des BDP werden Einzelfälle instrumentalisiert, um die ärztliche und psychotherapeutische Schweigepflicht aufzuweichen – teils unter Umgehung des Datenschutzes. Dies könnte das Vertrauen in psychologische und psychiatrische Hilfsangebote nachhaltig erschüttern. Der Verband appelliert an die Politik, die Stigmatisierung psychisch erkrankter Menschen nicht zu fördern und den Datenschutz nicht aufzuweichen. Solche Maßnahmen trügen nicht zur Eindämmung von Gewalttaten in Deutschland bei.
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Der BDP weist darauf hin, dass psychisch erkrankte Menschen nach aktuellen Erkenntnissen kein grundsätzlich erhöhtes Gewaltpotenzial im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung haben. Die Gewaltbereitschaft werde vielmehr von verschiedenen Faktoren wie sozioökonomischem Status, Erziehung, sozialem Umfeld und persönlichen Gewalterfahrungen beeinflusst. Psychische Erkrankungen seien dabei lediglich ein Aspekt unter vielen.
"Für eine effektive langfristige Gewalttatprävention verweist BDP-Vizepräsidentin Susanne Berwanger auf andere Faktoren wie gesellschaftliche Teilhabe, die Förderung sozialer Chancengleichheit und die Prävention sowie Intervention über intakte Versorgungsstrukturen zur frühzeitigen Identifizierung von Unterstützungsbedarfen", heißt es vom BDP. Die Intervention über therapeutische Anlaufstellen und leitliniengerechte Behandlung bleibt der wirksamste Weg, um Menschen mit psychischen Erkrankungen zu erreichen. Allerdings bestehen im deutschen Gesundheitssystem weiterhin erhebliche Versorgungslücken.
Im Juni 2025 hatte die Innenministerkonferenz der Länder ein härteres Vorgehen gegen psychisch erkrankte Menschen mit Gewaltpotenzial angekündigt. Bereits zuvor hatten der BDP und der Verband Psychologischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (VPP) das im Koalitionsvertrag geplante behördenübergreifende Risikomanagement über ein Gefährdungsregister kritisch bewertet. Der BDP hatte bereits gewarnt, Gefährdungsregister mit personenbezogenen ePA-Daten zu verknüpfen, wie es teilweise von der Politik gefordert wurde.
Im Zusammenhang mit den geplanten gesetzlichen Änderungen zur Weitergabe sensibler Patientendaten warnen sowohl medizinische Fachkräfte als auch Patienten vor möglichen Risiken für den Datenschutz. Sie befürchten, dass ein umfassender Zugriff von Sicherheitsbehörden auf Behandlungsdaten die ärztliche Schweigepflicht gefährden und das Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Therapeuten beeinträchtigen könnte. Ein genereller Zugang zu "relevanten Informationen" durch Behörden wird daher kritisch gesehen.
Bereits heute existieren Register psychisch erkrankter Straftäter bei den Sicherheitsbehörden. Auch für psychisch Erkrankte, die Straftaten planen, ist die Rechtslage geregelt, denn Ärzte und Psychologen dürfen oder müssen im Einzelfall ihre Schweigepflicht brechen – eine Zwangseinweisung ist bei konkretem Verdacht auf Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung möglich.
(mack)