Microsoft bleibt windoof

Die Welt ändert sich, doch der größte Software-Konzern der Welt umarmt die Neuerungen nur halbherzig.

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Steht die Windows-Welt vor einem "Zusammenbruch"? Mit derart deutlichen Worten umschrieben Neil MacDonald und Michael Silver vom renommierten IT-Marktforschungsunternehmen Gartner bereits vor zwei Jahren auf einer Konferenz in Las Vegas die Situation auf dem PC-Markt.

Was Microsoft beim damals noch recht neuen Windows Vista tue, sei auf längere Sicht "nicht mehr haltbar". Der Konzern antworte nicht auf die Marktbedürfnisse und schleppe "fast 20 Jahre alten Code und Entscheidungen" mit sich herum. "Für Microsoft, sein Ökosystem und seine Kunden" gehe es nicht auf diese Art mehr weiter, sagten Silver und MacDonald in ihrem Vortrag, der 2008 im US-Internet schnell weite Verbreitung fand.

Mittlerweile sind zwei Jahre vergangen. Wirklich viel getan hat sich eigentlich nicht: Windows 7 ist zwar bei den Anwendern beliebter als Vista und verkauft sich gut (schlieĂźlich ist es im breiten Consumer-Markt fĂĽr viele Menschen alternativlos), doch die Innovationskraft bei Microsoft bleibt auf einem historisch niedrigen Niveau.

Das konnte man auch beim Analystentag in der vergangenen Woche erleben, auf dem Konzernchef Steve Ballmer sich Fragen der Wall Street stellte. Der Konzern ĂĽbt sich weiterhin darin, Trends nur hinterherzulaufen, statt sie zu setzen. Mit Windows Phone 7 will man das iPhone erreichen, mit seinen "Slate-PCs" das iPad. Die Suchmaschine Bing ist wiederum gegen Google ausgerichtet, zwar "nice to have", aber technisch gesehen kein Ăśberflieger.

2008 empfahlen die Gartner-Analysten nur eine Lösung: Einen radikaler Neubeginn. Der Konzern müsse den Reset-Knopf drücken und nicht wie bisher bei Windows nur kleine Fortschritte liefern. "Die meisten Nutzer verstehen nicht, welche Vorteile Vista hat oder warum es besser als XP ist." Dies reduziere die Motivation, sich den Kosten und Schmerzen des Umstieges zu unterwerfen, enorm. Die Lösung: "Windows, wie wir es kennen, muss ersetzt werden."

Doch genau davon kann auch 2010 keine Rede sein. Die Tablet-Maschinen, die Microsoft plant, sollen auf dem für diese Plattform eigentlich völlig ungeeigneten Windows 7 aufsetzen. Windows Phone 7 wiederum hat zwar einige interessante Elemente, doch die Basistechnik (in diesem Fall Windows CE) änderte sich nicht.

Dabei zeigt Microsoft etwa mit seiner Xbox-Konsolenwelt, dass neue Plattformen durchaus etabliert werden können - man muss es nur wollen. Doch solange das gute, alte Office- und Windows-Geschäft weiterhin zufriedenstellend läuft, fehlt offenkundig die Motivation. Microsoft wird mehr und mehr zum Monolithen. Vielleicht wäre es an der Zeit, Bill Gates aus der Rente zu holen? (bsc)