Fürs Militär? Größtes Bodeneffektfahrzeug seit Sowjetzeiten in China entdeckt

Bodeneffektfahrzeuge vereinen Eigenschaften von Schiffen und Flugzeugen, gegenüber beiden haben sie Vorteile. Womöglich will Chinas Militär das jetzt nutzen.

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Ein "Ekranoplan" auf einem Sandstrand

Ein riesiges sowjetisches Bodeneffektfahrzeug am Kaspischen Meer

(Bild: J_K/Shutterstock.com)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

China kommt bei der Wiederbelebung eines futuristischen Transportkonzepts aus der Sowjetunion offenbar voran, während unklar ist, wie es bei parallelen Bemühungen in den USA weitergeht. In beiden Fällen geht es um sogenannte Bodeneffektfahrzeuge, die in geringer Höhe über ebenen Flächen – vor allem stillen Gewässern – entlang rasen und sich dafür den gleichnamigen Effekt zunutze machen können. Für Aufsehen gesorgt haben dabei zuletzt Aufnahmen eines Gefährts in der chinesischen Bohai-Bucht: Das "Bohai-Seeungeheuer" ist laut dem Fachmagazin Naval News seit Jahrzehnten das größte gebaute Bodeneffektfahrzeug. Gleichzeitig ist es aber deutlich kleiner als die gigantischen "Schirmgleiter" (экраноплан bzw. "Ekranoplan") aus der Sowjetunion, von denen der bekannteste am Kaspischen Meer verrostet.

Als Bodeneffekt wird der Effekt bezeichnet, dass ein Gefährt umströmende Luft mit zunehmender Bodennähe eine Art Polster bildet, das bei gleicher Leistung deutlich mehr Auftrieb liefert. Bodeneffektfahrzeuge sollen sich das zunutze machen und vor allem über ruhigen Gewässern große Lasten schnell über große Distanzen transportieren können. Von Vorteil bei einer militärischen Nutzung ist außerdem, dass nur wenige Meter über der Wasseroberfläche rasende Bodeneffektfahrzeuge für Radaranlagen deutlich schwerer und per aktivem Sonar gar nicht zu erfassen sind. Die Gefährte sind aber auf ebene Oberflächen angewiesen und sind unter anderem schwer manövrierbar, wirklich durchgesetzt hat sich das vor allem in der Sowjetunion vorangetrieben Konzept nie.

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Zu dem in China gebauten Bodeneffektfahrzeug ist nun nicht viel mehr bekannt, als zwei Fotos, die über soziale Netzwerke verbreitet wurden. Eins zeigt ein graues Gefährt mit kurzen Flügeln, einer langen Tragfläche am Heck und vier oben angebrachten Triebwerken. Wie diese funktionieren, ist nicht bekannt. Laut Naval News könnte solch ein Gefährt für den schnellen Versand von Nachschub an Inseln benutzt werden oder amphibische Landungen unterstützen. Das verweist auf den Taiwan-Konflikt, die Volksrepublik betrachtet die Insel als Teil des eigenen Staats und droht ihr auch militärisch. Bodeneffektfahrzeuge könnten im Fall einer Invasion zum Einsatz kommen. Laut einem Bericht der New York Times versucht China aktuell gezielt, Experten für Bodeneffektfahrzeuge aus der ehemaligen Sowjetunion zu rekrutieren.

Konzeptzeichnung des "Liberty Lifter"

(Bild: DARPA)

Die Fotos des chinesischen Bodeneffektfahrzeugs wurden jetzt fast zeitgleich zum Abschluss eines Forschungsprojekts in den USA öffentlich. Dort hat die Militärforschungseinrichtung DARPA mit dem "Liberty Lifter" ebenfalls ein Bodeneffektfahrzeug entwickelt. Das sollte Transportaufgaben fürs US-Militär, aber auch für die Wirtschaft übernehmen und dabei viel schneller sein als Schiffe. Auf einer Konzeptzeichnung sieht der "Freiheitsheber" wie ein tieffliegendes Flugzeug aus. Eigentlich sollte ein Prototyp gebaut werden. Im Juni hieß es aber, dass das nicht mehr angestrebt werde. Stattdessen sollen die Erkenntnisse rasch von der Wirtschaft in andere Plattformen überführt werden. Trotzdem arbeitet damit nicht nur China an neuen Bodeneffektfahrzeugen, es gibt auch immer wieder privatwirtschaftliche Projekte.

(mho)