KI-Modell Aeneas ergänzt fragmentierte lateinische Inschriften
Die KI Aeneas kann antike, in Fragmenten erhaltene Inschriften ergänzen und zeitlich einordnen. Im Zusammenspiel mit Historikern gibt es bessere Ergebnisse.
Eine der von Aeneas ergänzte lateinische Inschrift.
(Bild: The Metropolitan Museum of Art/Public Domain)
Ein Wissenschaftsteam der University of Nottingham und Google DeepMind haben das KI-Modell Aeneas entwickelt, um teilweise erhaltene, antike lateinische Inschriften ergänzen und zeitlich einordnen zu können. Die Künstliche Intelligenz (KI) ist jedoch nur als Werkzeug gedacht, um Historikern dabei zu helfen, fehlende Fragmente aus dem Kontext heraus zu finden, um so die Entschlüsselung alter Inschriften besser zu ermöglichen.
Die Anzahl von Archäologen entdeckter lateinischer Inschriften nimmt stetig zu. Oft sind sie in Stein gehauen, in Keramik oder Metall geritzt, aber verwittert und nur noch in Fragmenten erhalten, was ihre Übersetzung und Deutung erschwert. Die von Forschern der University of Nottingham und Google Deepmind entwickelte KI Aeneas ist in der Lage, die Schriftfragmente zu analysieren und aus dem historischen Kontext heraus zu ergänzen. Die dabei fehlenden Abschnitte werden dazu vorausgesagt. Benannt ist die KI nach dem trojanischen Prinzen Aeneas aus Homers Ilias, der nach Hektor, der gegen Achilles kämpfte, als tapferster Trojaner gilt.
Zeitliche Einordnung und Ergänzung lateinischer Inschriften
Die Wissenschaftler entwickelten ein generatives neuronales Netzwerk, das die komplexen Beziehungen zwischen Informationen erkennen kann. Die KI beschreiben die Forscher in der Studie "Contextualizing ancient texts with generative neural networks", die in Nature erschienen ist. Trainiert wurde das Modell mit Daten, Orten und Bedeutungen lateinischer Inschriften aus dem kompletten Römischen Reich zwischen 800 v. Chr. und 700 n. Chr. Insgesamt wurden 176.861 lateinische Inschriften für das Training verwendet. Etwa 5 Prozent davon enthielten zusätzlich Bildinformationen. Das so trainierte KI-Modell ist in der Lage, die Herkunft einer neuen Inschrift aus 62 römischen Provinzen vorherzusagen und einem Entstehungsjahr zuzuordnen. Das klappt durchschnittlich mit einer Abweichung von 13 Jahren.
Die Forscher ließen Aeneas die "Res Gestae Divi Augusti" (Die Taten des vergöttlichten Augustus) analysieren, eine in Fragmenten erhaltene Inschrift, die in drei Städten des Römischen Reiches als Kopie erhalten geblieben ist. Der erste Kaiser des Römischen Reiches, Augustus, gibt in der Inschrift eine Art Leistungs- und Rechenschaftsbericht seiner Herrschaft ab. Der Text ist durchzogen von Übertreibungen, unklaren Zeitangaben und geografischen Ungenauigkeiten. Zudem wurden archaische Schreibweisen verwendet, die die zeitliche Einordnung der Inschrift erschweren. Aeneas konnte den Text jedoch zeitlich auf die Zeiträume eingrenzen, die derzeit auch in der Forschung diskutiert werden.
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Aeneas kann außerdem verlorene Teile von Inschriften beliebiger Länge ergänzen. Dazu nutzt die KI textuelle und kontextuelle Parallelen. Die Ergänzungen von Aeneas können von Historikern dann als Ausgangspunkt für ihre Forschungen verwendet werden. Die Untersuchung ergab, dass 90 Prozent der beteiligten Historiker die Hinweise der KI als nützlich empfanden. In Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI konnten so bessere Ergebnisse erzielt werden, als es Mensch oder KI jeweils allein gekonnt hätten.
(olb)