Expertenkritik an Smartphone-Verboten: „Fachfremder Populismus“

Statt Verbotsdebatten zu führen, sollte die Politik Medienbildung von Kindern und Jugendlichen absichern, fordern Kinderhilfswerk und Medienpädagogen.

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Kind am Smartphone

(Bild: Miljan Zivkovic/Shutterstock.com)

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Smartphone-Verbotsdebatten sind in der Politik immer wieder beliebt. Erst gestern forderte Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt in einem FAZ-Gastbeitrag (Bezahlschranke) eine deutliche Einschränkung der Nutzung von Smartphones bei Heranwachsenden.

Das Deutsche Kinderhilfswerk und die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) kritisieren Verbotsdebatten um die Smartphone-Nutzung bei Kindern und Jugendlichen: Sie würden weder die aktuellen technischen Rahmenbedingungen noch die Lebenswelten der jungen Generation berücksichtigen, sondern allenfalls soziale Ungleichheiten verschärfen.

Die Verbände fordern statt Verboten eine umfassende Bildungsoffensive im Medienbereich – und das schon in den Kindergärten. Die Politik müsse Medienbildung verbindlich absichern, strukturell und finanzpolitisch.

"Die aktuellen Verbotsdebatten sind zunehmend von fachfremdem Populismus geprägt", kritisiert Kai Hanke, Geschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. Verbote würden die Verantwortung auf ohnehin mit der Medienerziehung überforderte Eltern verlagern. "Stattdessen müssen digitale Selbstbestimmung, ein kritischer Umgang mit Medien und kreative Mediennutzung gefördert werden", sagt Hanke. Dabei dürfe die Politik weder junge Menschen noch Familien alleinlassen.

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Die Verbände fordern von der Politik, den im Koalitionsvertrag angekündigten Digitalpakt 2.0 zu einem Digitalpakt Medienbildung weiterzudenken. Es bräuchte dringend Rahmenbedingungen, die über Infrastruktur, Wartung und technikzentrierte Fortbildungen hinausgehen. Dazu gehören nach Ansicht der Verbände:

  • medienpädagogisch umfassend qualifiziertes Pflichtpersonal in allen Bildungseinrichtungen,
  • die Förderung von Kooperationen mit außerschulischen Trägern und
  • altersgerechte Konzepte sowie Qualitätsstandards für frühkindliche Medienbildung.

"Nur ein Digitalpakt, der Pädagogik umfassend mitdenkt, sichert digitale Teilhabe von Anfang an", erklärt der GMK.

(dgi)