Weimer will digitale Plattformen weiter besteuern
Verwirrung eine mögliche Besteuerung oder Abgabenpflicht für Digitalkonzerne hält weiter an. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hält an seinen Plänen fest.
(Bild: Ascannio/Shutterstock)
Die Bundesregierung würde Digitalunternehmen gerne stärker zur Kasse bitten. Doch wie genau, das ist auch gut drei Monate nach Antritt von Schwarz-Rot trotz vieler Worte vollkommen unklar. In einer Antwort der Bundesregierung vom 12. August auf eine kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion, über die zuerst der Stern berichtete, ist von klareren Konturen des Vorhabens weiterhin wenig zu sehen.
GeprĂĽft werde eine "steuerliche als auch eine nichtsteuerliche Ausgestaltung im Sinne einer fiskalischen Sonderabgabe", zitiert der Stern aus der Anfrage. Davon sollen dem Bericht zufolge sodann "Online-Plattformen" betroffen sein. Doch diesen Begriff gibt es im deutschen Recht nicht und auch im Europarecht ist er nicht im Steuerrecht, sondern nur zur Unterscheidung unterschiedlicher Hosting-Anbieter im Haftungsrecht etabliert.
PrĂĽfauftrag mit groĂźen Fragezeichen
Damit geht das Durcheinander um die Digitalsteuerpläne in die nächste Runde. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD standen nur zwei bescheidene Sätze zu dem Vorhaben: "Wir prüfen die Einführung einer Abgabe für Online-Plattformen, die Medieninhalte nutzen. Die Erlöse sollen dem Medienstandort zugutekommen."
Prüfen ist dabei eine der Formulierungen in politischen Verabredungen, die am meisten Spielraum lassen. Die Sätze stehen zudem nicht im Finanz-, sondern im Medienkapitel des Koalitionsvertrages – weshalb das Thema auch in der Zuständigkeit des Kulturstaatsministers Wolfram Weimer liegt. Der langjährige Verleger, Herausgeber und Publizist ist zwar kein echter Minister im Kabinettsrang, gilt aber aufgrund seiner Nähe zu Kanzler Friedrich Merz (CDU) als wichtiger Akteur. Weimer ist der Treiber im Kabinett hinter dem Vorhaben und brachte die Debatte im Mai erstmals mitten im Zollstreit mit den USA auf. Die stehen jeder Form von Digitalsteuern extrem kritisch gegenüber und betrachten sie als "außertarifäres Handelshemmnis", also eine Form von Zöllen, die entsprechende Ausgleichsmaßnahmen erlauben.
Milliarden als Ziel – aber der Weg bleibt steinig
Wolfram Weimer sprach vor wenigen Tagen in einem Interview mit der Funke-Mediengruppe jedoch erneut von einer Digitalsteuer – und stellte dabei in Aussicht: "Damit könnten wir Milliarden erzielen, die unser Mediensystem so stärken, dass es nicht weiter von amerikanischen und chinesischen Monopolisten deformiert wird." Allerdings gibt es keine zweckgebundenen Steuern. Diese fließen grundsätzlich immer in den allgemeinen Haushalt und angesichts der angemahnten Ausgabendisziplin erscheint es unwahrscheinlich, dass ausgerechnet Medien davon profitieren würden.
Videos by heise
Von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und seinem Ministerium ist zudem bekannt, dass dessen Fokus stärker auf der sogenannten Mindestbesteuerung liegt. Er handelte zuletzt selbst mit den USA einen Kompromiss aus. Eine Digitalsteuer für große Tech-Konzerne einzuführen, die keinen neuen Streit mit den USA auslösen würde, hatte Bundeskanzler Friedrich Merz zuletzt im Juli als "Quadratur des Kreises" bezeichnet – vor allem im Hinblick auf eine gemeinsame, europäische Umsetzung.
Vorbild Ă–sterreich?
Weimer jedoch gibt sich weiter zuversichtlich, dass seine Ideen zumindest in Deutschland auf Zustimmung stoßen würden: Bei Union, SPD und Grünen im Bundestag gebe es ein klares Meinungsbild für eine Digitalsteuer. Das einzig realistische Vorbild, auf das Weimer auch regelmäßig verweist, wäre Österreich. Das hat eine derartige Regelung, allerdings mit analogen Nebenwirkungen: Die "Digitalsteuer" wurde erst als zweites eingeführt. Schon seit 2000 muss in Österreich für Anzeigen als Plakat, Zeitungswerbung und Hörfunk und Fernsehen eine fünfprozentige Steuer gezahlt werden, die auf den Namen "Werbeabgabe" hört.
Weil dadurch Onlinewerbung massiv bevorzugt und der Markt verzerrt wurde, wurde 2020 ergänzend die sogenannte "Digitalsteuer" eingeführt, die nun eine Abgabe in gleicher Höhe für digitale Werbedienstleister mit mehr als 750 Millionen Euro weltweitem Umsatz mit sich brachte. Die Einnahmen daraus wiederum halten sich nach wie vor in Grenzen: 98 Millionen Euro gingen 2024 aus der Werbeabgabe an die Staatskasse, 124 aus der österreichischen Digitalsteuer. Auf Deutschlands Einwohnerzahl umgerechnet wäre das zwar ca. 1 Milliarde Euro Steuereinnahmen – jedoch weniger als die Hälfte der 2,25 Milliarden Euro, die allein Wolfram Weimer in seinem Geschäftsbereich als Kulturstaatsminister und Bundesbeauftragter für Kultur und Medien im kommenden Jahr ausgeben will.
(dahe)