"Sword of the Sea": Das Anti-Soulslike

Giant Squid entführt die Spieler in "Sword of Sea" auf eine abenteuerliche wie traumhafte Reise bei der herkömmlichen Spielregeln nur Nebensache sind.

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Eine surfende Figur in einer WĂĽstenlandschaft, am Horizont ein leuchtender Berg

(Bild: Sword of the Sea)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Andreas MĂĽller
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Keine Herausforderung, kein Frust, nur Staunen. Seit einigen Jahren herrscht so etwas wie ein Kulturkampf in der Videospielszene. Auf der einen Seite Videospieler, denen kein Spiel zu schwer sein kann und die ein "Elden Ring" nahezu kultisch verehren. Auf der anderen Seite, die, die nur spielen wollen. Sie erkunden die Welten aus Spielen wie "Journey" oder "Abzu" eher, als dass sie sich an Sisyphusaufgaben abarbeiten. Mit "Sword of the Sea" erhält die Diskussion neue Nahrung, ist es doch ein Spiel, das auf Daumenakrobatik, Taktik oder Reaktionsschnelligkeit verzichtet.

Sword of the Sea (6 Bilder)

Traumhaftes Abenteuer: "Sword oft he Sea" entfĂĽhrt die Spieler in eine surreale Welt ohne spielerische Frustmomente. (Bild:

Sword of the Sea

)

Am Anfang ist nur ein Lichtfunke, der in den Körper einer namenlosen Schwertkämpferin schlüpft. Giant Squids Chef-Designer Matt Nava, einer der Köpfe hinter "Journey", macht mit seinem Team gleich klar: Es wird esoterisch. Kein Realismus stört die sprichwörtlich fantastische Welt, konkrete Informationen gibt es nicht, alles bleibt bei Andeutungen. Das kann man mögen oder als prätentiöses "Kunst um der Kunst willen" abtun. Die Konsequenz, mit der es umgesetzt wird, ist dennoch besonders visuell beeindruckend.

So beseelt schnappt sich die Schwertkämpferin nun ihr Schwert und – man staune - haut nicht irgendwelchen Monstern die Köpfe ein, sondern surft auf ihm durch die Welt. Hüpft sie oder vollführt ein paar Tricks, geht es noch schneller voran. So kommt sie durch Wüsten oder Eislandschaften, bei denen sie immer nur ein Ziel hat: Die Welt neu zu beleben. Schon bald ist sie nicht mehr allein. Sie reitet auf Delfinen oder Buckelwahlen und erhält plötzlich von einer Unbekannten Hilfe, bevor sie sich am Ende der größten Bedrohung stellen muss.

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Was wie die Prämisse eines typischen Action-Adventures klingt, entpuppt sich als Gegenentwurf zu herkömmlichen Spielerwartungen und Prinzipien. Es wird nicht gekämpft, es wird nicht hochgelevelt und Beute gibt es nur in Form kleiner Goldstücke oder als Sammelgegenstände, die keinem spielerischen Zweck dienen. Nur wer die Welt bis in die letzte Ecke erkundet, findet genug Goldstücke, um bei einem Händler neue Tricks für das sogenannte "Hoversword" zu kaufen.

Die spielerische Herausforderung ist die Orientierung in dieser Welt. Oft finden sich die Schrifttafeln, die ein wenig von der Hintergrundgeschichte erzählen, an entfernten Orten. Da müssen Spieler schon ein wenig aufmerksam sein. Sie hüpfen dann von einer Plattform zur nächsten, gleiten Seegras hinauf oder rennen an Wänden entlang. Präzision ist dabei nicht gefragt. Belohnt wird die Neugierde und weniger das Können am Gamepad.

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Manchmal werden auch ein wenig die Gehirnzellen trainiert. Dann muss die Schwertkämpferin erst einmal über ein paar Tricks zu einem Schalter gelangen oder eine kleine Luftblase über Hindernisse transportieren. Wem das nicht Spiel genug ist, kann auch in einer Art Arena mit Half Pipe auf Highscore-Jagd gehen, in dem die Schwertkämpferin Ollies, Grinds und Drehtricks aneinanderreiht. In diesen Momenten ist "Sword of the Sea" noch am ehesten ein konventionelles Spiel, das für die Höchstpunktzahl die Spieler fordert.

Der Rest ist Meditation, Träumen und Staunen. In wundervoller bunter Umgebung erleben die Spieler die Wiedergeburt einer Welt. Aus tristen Sanddünen werden plötzlich Flüsse und Seen, in denen sich Fische, Wale oder Haie tummeln. Kein Userinterface stört die visuelle Wucht, die Steuerung ist simpel und intuitiv. Was stört: Die Story lässt sich aus bruchstückhaften Informationen nur erahnen und der Traum ist viel zu schnell vorbei. Nach knapp vier Stunden hatten wir alles gesehen und erlebt. Ein "New Game Plus" soll zum Weiterspielen anregen, doch im zweiten Anlauf wirken die Landschaften aus "Sword of the Sea" längst nicht mehr so beeindruckend.

"Sword of the Sea" von Giant Squid ist ein Traum zum Spielen. Ein Abenteuer, in dem das Erkunden und ein flüssiger, frustfreier Spielablauf über konventionelle Spielmechaniken triumphieren. Ist es deswegen besonders originell? Nein, Hüpfeinlagen und Skateboard-Tricks kennen die Spieler schon von der Konkurrenz. Es ist auch leider zu kurz. Gerne hätten wir von dieser eigenartigen Welt mehr gesehen, in der Physik und Realität kaum existent sind. Am Ende bleiben mehr Fragen und Antworten. Opfer wurden gebracht, das Böse ist fort und wo vorher eine Wüste war, schwimmen Fische in einem Ozean. Das ist surreal, zweifelsohne visuell beeindruckend, aber gemessen am Versprechen, das diese Welt den Spielern gibt, auch ein wenig unbefriedigend.

"Sword of the Sea" ist für Windows und PS5 erschienen. USK ab 6. Es kostet ca. 25 € und ist in PSN Plus extra enthalten. Für unseren Text haben wir die PS5-Version durchgespielt.

(mho)