US-Handelsministerium: Kein DNS-Management durch die Vereinten Nationen

Das US-Department of Commerce hat immer noch die Oberaufsicht über die Internet-Verwaltung ICANN inne; die Übergabe an eine internationale Organisation steht für die US-Regierung nicht zur Debatte.

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Von
  • Monika Ermert

Ein Vertreter des US-Handelsministeriums erteilte einer etwaigen Übernahme der privaten Netzverwaltung durch die UN als Ergebnis des Weltgipfels der Informationsgesellschaft (WSIS) eine klare Absage. Im Rahmen einer Anhörung des Kommunikations-Unterausschusses im US-Senat zum Status der Internet-Verwaltung ICANN erklärte John Kneuer vom der National Telecommunications and Information Administration (NTIA), sein Ministerium glaube nicht, "dass irgendein existierendes UN-Gremium, wie etwa die ITU oder die UN ICT Task Force, die Kompetenz haben, die derzeit von der ICANN getragene Verantwortung für die technische Koordination und das Management des DNS zu übernehmen". Weder der Gipfel noch die vom Gipfel beauftragte Arbeitsgruppe Internet Governance seien im Übrigen mit der Aushandlung eines internationalen Vertrags mit bindender Wirkung beauftragt, betonte Kneuer. Das US-Department of Commerce übt momentan immer noch die Oberaufsicht über die ICANN aus.

Botschafter David Gross, Leiter der US-WSIS-Delegation, gab sich etwas diplomatischer. Internet Governance sei nicht nur in den USA, sondern weltweit ein heißes Thema. Das sei letztlich das Resultat des erfolgreichen Exports des Internet und der Internetphilosophie in alle Welt. Wenn es nun Differenzen zur Organisationen der Netzverwaltung gebe, sei das eben auch eine Konsequenz, doch die US-Verwaltung werbe nun in bilateralen Gesprächen für das eigene Modell. "Wir waren in Indien und China, und wir gehen als nächstes nach Brasilien", erklärte Gross. Die drei Länder gehörten zu den Kritikern der privaten und vor allem in der US-Regierung verankerten Netzverwaltung. ICANN und die NTIA hätten, so bestätigte Kneuer bei der Anhörung, täglich Kontakt.

ICANN-Chef Paul Twomey betonte den Charakter von ICANN als "international organisiertes, nicht kommerzielles Unternehmen nach kalifornischem Recht, das dem öffentlichen Interesse verpflichet ist." Diese Selbstbeschreibung zeigt jedoch deutlich, was für ein Zwitterwesen die ICANN ist. Während die US-Regierung denn auch eine private Netzverwaltung für die richtige Wahl hält, sind ihr die informellen Strukturen nicht so ganz geheuer: Braucht man da nicht etwa Verträge mit den 13 DNS-Rootserver-Betreibern über Sicherheitsstandards und Verantwortlichkeiten? Twomey und der Betreiber des B-Rootservers, Bill Manning, bemühten sich, den Senatoren die Verlässlichkeit des als Peer-System funktionierenden Netzwerks der Rootserver-Betreiber nahe zu bringen. "Ich denke, es ist allgemein anerkannt, dass das Komitee der Rootserver-Betreiber der Internet Community als Ganzes verantwortlich ist gemäß einer gesellschaftlichen Übereinkunft, die viel älter ist als die später folgende Aufsicht durch die Verwaltung", betonte Manning; allerdings werde man in Zukunft wohl in Richtung einer Formalisierung des Systems gehen.

Von Burns gefragt, welche Sicherheitsprobleme ihm schlaflose Nächte verursachten, sagte Manning, es sei auf keinen Fall das Rootserver-System, sondern die wachsende Zahl schlecht gesicherter Endgeräte und deren unvorhersehbares Verhalten. Ein Horror sei etwa, sich vorzustellen, was geschehe, wenn künftig von jedem der mehreren hundert Millionen von Mobiltelefonen Anfragen an DNS-Server gestellt würden.

ICANN-Chef Twomey kündigte bei der Anhörung auch an, dass man das Management der Neuvergabe der .net-Registry in die Hände einer Wirtschaftsprüfungsfirma geben will. Twomey will sich damit wohl auch gegenüber möglichen Klagen unterlegener Bewerber absichern, zumal man mit dem bisherigen Betreiber VeriSign schon jetzt im juristischen Clinch liegt. VeriSign, betonte Twomey, könne sich selbstverständlich ebenso wieder bewerben wie jede andere Firma oder Organisation. Senator George Allen nannte die Neuvergabe eine die wichtigste anstehenden Entscheidungen der ICANN überhaupt. Der Auschreibungstext soll in Kürze veröffentlicht werden. (Monika Ermert) / (jk)