E.ON bekommt Fehler im Kundenkonto nicht in den Griff
Versicherung, Energie, Telekommunikation: Ohne Zugriff auf ein Vertragskonto geht heutzutage bei den wichtigsten Versorgungsunternehmen so gut wie nix.
- Tim Gerber
Dies ist ein Beitrag aus unserer Magazin-Rubrik Vorsicht, Kunde!, der erstmals am 26.12.2024 in c't 1/2025 erschienen ist.
Regelmäßiger Lieferantenwechsel bei Energie gehört heute zum Alltag, weil die Unternehmen Bestandskunden systematisch benachteiligen. So wechselte auch Karsten B. seit Jahren regelmäßig zwischen verschiedenen Anbietern, darunter auch ab und an zu E.ON. Der Energieriese ist in seiner westfälischen Heimatstadt auch Grundversorger für Strom und Gas.
Am 4. November schloss Karsten B. online einen Vertrag für die Belieferung mit beiden Energiearten am Beginn des neuen Jahres und erhielt bereits am kommenden Tag die Nachricht per E-Mail: "In Ihrer Postbox im Serviceportal Mein E.ON finden Sie ab sofort alle Unterlagen zu Ihrem Energieauftrag".
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Unerreichbar
Dumm nur, dass diese Postbox für den Kunden nicht erreichbar war. "Zugriff auf die Seite nicht möglich", hieß es nichtssagend. Darunter ein Link zu einer E-Mail, an die man sich wenden solle, wenn man genauere Informationen benötige. Und genau die benötigte Karsten B. in der Tat. Das Problem kannte er schon aus dem Jahr 2022 und da der Versorger es nicht lösen konnte oder wollte, hatte der Kunde ihm bereits damals den Rücken gekehrt.
Nun hatte er gehofft, mit einem neuen Vertrag nicht wieder dasselbe Problem zu bekommen. Doch da hatte er die Rechnung ohne E.ON gemacht. Alle seine Versuche, einen neuen Zugang für den neuen Vertrag anzulegen, scheiterten mit derselben Fehlermeldung. Da das Problem auch von der Telefonhotline nicht gelöst werden konnte, wandte sich Karsten B. am 11. November per E-Mail an den Support, hängte einen Screenshot an und bat erneut darum, den Fehler bis zum 15. November zu beheben, da er andernfalls nicht Kunde sein könne und wolle.
Am folgenden Tag kündigte E.ON per E-Mail an, dass es wegen zahlreicher Anfragen zu einer Verzögerung in der Bearbeitung kommen könne. Eine Antwort auf seine Anfrage solle er voraussichtlich bis zum 18. November erhalten. Der Kunde möge bis dahin darauf verzichten, sich nochmals zu melden. Er könne sicher sein, dass ihm durch die längere Bearbeitungszeit keinerlei Nachteile entstünden. Wenn er nicht warten möchte, könne er ja das Serviceportal "Mein E.ON" nutzen, hieß es. Aber genau das konnte der Kunde eben nicht.
(Bild: Karsten B.)
Aber auch zum versprochenen Termin kam keine Rückmeldung von E.ON. Deshalb schrieb Karsten B. am 18. November eine weitere E-Mail mit der Aufforderung, sein Kundenkonto nunmehr bis zum 25. November freizuschalten. Wieder fügte er den Screenshot bei und wies darauf hin, dass der Fehler unabhängig vom verwendeten Browser oder der App auf dem Smartphone erscheine. Am besten wäre es wohl, wenn E.ON seinen bisherigen Kunden-Account vollständig löschen würde, damit er sich einen neuen anlegen könne, schlug der Kunde pragmatisch vor.
Immer wieder bekommen wir E-Mails, in denen sich Leser über schlechten Service, ungerechte Garantiebedingungen und überzogene Reparaturpreise beklagen. Ein gewisser Teil dieser Beschwerden ist offenbar unberechtigt, weil die Kunden etwas überzogene Vorstellungen haben. Vieles entpuppt sich bei genauerer Analyse auch als alltägliches Verhalten von allzu scharf kalkulierenden Firmen in der IT-Branche.
Manchmal erreichen uns aber auch Schilderungen von geradezu haarsträubenden Fällen, die deutlich machen, wie einige Firmen mit ihren Kunden umspringen. In unserer Rubrik "Vorsicht, Kunde!" berichten wir über solche Entgleisungen, Ungerechtigkeiten und dubiose Geschäftspraktiken. Damit erfahren Sie als Kunde schon vor dem Kauf, was Sie bei dem jeweiligen Unternehmen erwarten oder manchmal sogar befürchten müssen. Und womöglich veranlassen unsere Berichte ja auch den einen oder anderen Anbieter, sich zukünftig etwas kundenfreundlicher und kulanter zu verhalten. In unserem zweiwöchentlichen Podcast besprechen wir die Fälle mit einem Rechtsexperten.
Falls Sie uns eine solche böse Erfahrung mitteilen wollen, senden Sie bitte eine chronologisch sortierte knappe Beschreibung Ihrer Erfahrungen an: vorsichtkunde@ct.de.
Aber auch darauf reagierte das Unternehmen nicht. Am 2. Dezember wandte sich der langjährige Leser an c’t und schilderte uns den Vorgang. Wir fragten am 4. Dezember bei der Pressestelle des Energiekonzerns und baten um Auskunft, woran der Zugriff des Kunden scheitert, warum er keine Antworten bekommt und was in solchen Fällen zu tun ist, damit Kunden ihren Zugang wieder freischalten lassen können.
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Etwas länger
Eine Unternehmenssprecherin vermeldete darauf am 6. Dezember, dass man den Kunden inzwischen telefonisch "beim Zugang zu seinem Kundenkonto in ‚Mein E.ON‘ Schritt für Schritt begleitet" habe und er nun wieder ohne Probleme darauf zugreifen könne. Generell würden die Mitarbeiter im Kundenservice gerne weiterhelfen. Dass dies im Falle von Karsten B. länger gedauert habe, bitte man zu entschuldigen.
Karsten B. bestätigte, dass sich die Leiterin des Kundendienstes telefonisch bei ihm gemeldet habe. Innerhalb einer halben Stunde hätten sie gemeinsam das Problem lösen können, sodass er nun Zugriff auf seinen Vertragsaccount habe. Ursache sei eine falsche Zusammenführung seiner Verträge bei E.ON gewesen. Den Kundendienstmitarbeitern sei jedoch immer ein korrekter Login seinerseits angezeigt worden. Aus diesem Grund seien wohl keine weitergehenden Nachforschungen erfolgt.
Der Fall von Karsten B. zeigt jedoch, dass der Energiekonzern offenbar sowohl technische als auch organisatorische Probleme beim Kundensupport hat. Ein effizientes Einschreiten technisch versierter Mitarbeiter wird durch die Organisation konsequent verhindert, egal wie oft sich ein Kunde beschwert. Regelmäßig tauchen deshalb in dieser Rubrik solche gespensterhaften Fälle genau dieses Unternehmens auf.
(tig)