Digitalminister Wildberger: "Grundrechte wollen wir nicht antasten"

Hürden abräumen, um die Digitalisierung voranzubringen – dabei aber "Grundrechte nicht antasten", fordert Digitalminister Wildberger im Interview.

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Zwei Männer sitzen an einem Tisch mit Mikrofonen und Aufzeichnungsgerät.

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Für den seit Mai amtierenden Bundesdigitalminister Karsten Wildberger (CDU) sind die nächsten Jahre für Europa entscheidend. "Wir müssen die nächsten Jahre nutzen, digitale Souveränität aufzubauen. Wir haben die Talente und wir sind in vielen Geschäftsbereichen globaler Plattformmodelle einfach nicht präsent", ruft er im Gespräch mit heise online zum Handeln auf.

Wildberger sieht Chancen fĂĽr eine Aufholjagd gerade aufgrund des Aufkommens KĂĽnstlicher Intelligenz. "Die KI ist nicht eine neue Form der Digitalisierung. Die Karten werden neu gemischt", sagt der Bundesdigitalminister.

Er will ein für den Herbst geplantes EU-Gesetz zur Vereinfachung von Vorschriften nutzen. "Es ist mir nicht verständlich, dass wir junge Unternehmen, bevor sie überhaupt das Produkt gebaut haben, mit so vielen Vorschriften überlasten", sagt Wildberger.

Dass etwa deutsche Medizinforscher zum Algorithmentraining mit Daten aus Deutschland in die USA fliegen mĂĽssten, will er nicht akzeptieren. "Das kann doch wohl nicht wahr sein", kommentiert er. Hier mĂĽsse eine Neukalibrierung stattfinden, weshalb er sich fĂĽr eine Ăśberarbeitung der Regeln einsetze.

Die Befürchtung, dass dabei das Schutzniveau für Bürger abgesenkt würde, teilt Wildberger nicht. "Persönlichkeitsrechte, der Schutz der Privatsphäre, sind für mich nicht antastbar“, betont er. Aus seiner Sicht sei die derzeitige Praxis aber nicht geeignet, den Schutz zu gewährleisten.

"In vielen Teilen ist es überkomplex und es liefert noch nicht einmal das Ergebnis. Das heißt: Das, was wir vorschlagen, tun wir mit dem Werteverständnis, dass wir Grundrechte nicht antasten wollen," führt er aus. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, die Datenschutzaufsicht zu zentralisieren.

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Um europäische und deutsche Alternativen zu stärken, setzt der Digitalminister auch auf den Staat als einen zentralen Akteur. Der Bund werde nicht nur sehr zeitnah die KI-Gigafactorys an den Start bringen, sondern etwa auch bei Rechenzentren und speziell Inference-Datenzentren, die für das weitere Training bereits laufender Modelle nötig sind, weiter nachlegen.

Wildberger will damit sowohl die Wirtschaft ankurbeln als auch die Abhängigkeit von Nicht-EU-Staaten reduzieren. "Es geht jetzt darum, in kurzer Zeit eine Dynamik, eine Bewegung in Gang zu setzen." Sein Ziel will er dabei aber nicht als Abgrenzung gegenüber anderen wie den USA verstanden wissen – sondern vor allem als ein Einstehen für europäische Werte.

Um die Dynamik zu befördern, müsse auch die Systematik, wie der Staat Aufträge vergebe, geändert werden, fordert der Minister. So sollten die Beschaffungskriterien um den Aspekt der Digitalen Souveränität ergänzt werden. Das sei für ganz konkrete, bald zu vergebende Aufträge durch den Staat wichtig.

Der Preis sei dann nur ein weiteres Kriterium. Und auch dieses müsse überdacht werden: "Wir müssen die Total Cost of Ownership berücksichtigen", fordert Wildberger. "Unsere heutige Kalkulation, wie wir 'Preis' definieren, ist volkswirtschaftlich völliger Unsinn."

Das Gespräch haben wir am 11. September in Berlin geführt. Das ganze Interview (inkl. Transkript) als Sonderausgabe des c't uplink zum Nachhören:

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(vbr)