Zähes Ringen um WIPO-Programm

Bis in die späten Abendstunden rangen die Diplomaten der 181 Mitgliedsländer der World Intellectual Property Organisation in Genf um die Grundsatzausrichtung für die Organisation.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 59 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Bis in die späten Abendstunden rangen die Diplomaten der 181 Mitgliedsländer der World Intellectual Property Organisation (WIPO) in Genf gestern um die Grundsatzausrichtung für die Organisation. Auf Initiative von Brasilien und Argentinien hatte eine Reihe von Entwicklungsländern die 15. Generalversammlung aufgefordert, der Organisation eine stärkere entwicklungspolitische Ausrichtung zu verleihen. Seit ihrer Gründung 1970 aus der Vorläuferorganisation "Bureaux for the Protection of Intellectual Property" verfolgt die WIPO die Harmonisierung und Durchsetzung von Ansprüchen auf "Geistiges Eigentum" in Form von Patenten, Urheber- und Markenrechten.

"Überwältigende Unterstützung aus dem Süden, entschiedene Opposition aus dem Norden", so fasste James Love, Beobachter für die US-Bürgerrechtsorganisation Consumer Project of Technology (CPTech), die Debatten rund um den Vorschlag Brasiliens und Argentiniens zusammen. Bis unmittelbar vor der Versammlung, die noch bis Dienstag kommende Woche geht, hatten sich Bolivien, Cuba, Ecuador, Iran, Kenia, Sierra Leone, Tansania und Südafrika dem Vorschlag formal angeschlossen. Unterstützung erhielten die Entwicklungsländer auch von einer Reihe von Bürgerrechtsorganisationen und Wissenschafltern, die in einem Aufruf an die Generalversammlung einen Völkerrechtsvertrag über den Zugang zu Wissen und Information forderten.

Entschieden gegen die Aufnahme einer entwicklungspolitischen Agenda hatte sich dagegen laut einem Beobachter der deutschen UN-Vertretung in Genf allen voran die USA gezeigt. Gemeinsam mit Japan und der EU wollen sie in erster Linie eine rasche Wiederaufnahme der Arbeit an einer internationalen Harmonisierung des Patentrechtes in Form eines "Substantive Patent Law Treaty (SPLT)" (als PDF-Dokument) erzwingen.

Bemühungen um eine solche Harmonisierung waren bereits einmal im Jahr 1991 gescheitert. Nach ingesamt über zwanzig Jahren fruchtloser Diskussion will die Troika USA, Japan und Europäisches Patentamt nun zumindest ein erstes Paket von Fragen nun schnellstens einheitlich geregelt sehen: die Definition von Stand der Technik (prior art), Neuheitsschonfrist (grace period), Neuheit (novelty) und Nicht-Offensichtlichkeit/Erfinderischer Schritt (non-obviousness/inventive stepp). Aspekte des Technologietransfers und der Ausnahmeregelungen für die im "Rechtegeschäft" zurückliegenden Entwicklungsländer blieben dabei unberücksichtigt, warnt das brasilianisch-argentische Papier. Die brasilianisch-argentinische Intiative sei letztlich bereits eine Reaktion auf den Druck der Patent-interessierten Länder, sagte einer der westlichen Beobachter, um Verhandlungsmasse im Streit um die SPLT zu haben.

In einem zähen Ringen wird nun um die beiden Vorschläge gefeilscht Bis gestern abend lag noch kein Kompromiss vor. Sicher ist schon jetzt, dass die WIPO am Broadcasting Treaty, einer Erweiterung der Rechte für Rundfunk- und Sendeanstalten und an dem Ausbau des Schutzes von audiovisuellen Darbietungen weiterarbeiten wird. Ein festes Datum haben die Mitgliedsstaaten auch bereits für die Verabschiedung einer neuen Version des Trademark Law Treaty vereinbart. Die Konferenz bei der Völkerrechtsvertrag über die Markenrechte "an neue technologische Entwicklungen in der Telekommunikation" angepasst werden soll, soll im März 2006 stattfinden.

Siehe dazu auch:

(Monika Ermert) / (jo)