Neues Paket: EU verhängt erstmals Sanktionen im Kryptosektor gegen Russland
Restriktive EU-Maßnahmen gegen den Krieg Russlands in der Ukraine richten sich nun auch gegen Krypto-Plattformen. Transaktionen in Bitcoin & Co. sind verboten.
(Bild: EU-Kommission)
Die EU-Kommission hat am Freitag das 19. Sanktionspaket gegen Russland auf den Weg gebracht. Der Kreml habe bei seinem Angriffskrieg auf die Ukraine "das volle Ausmaß seiner Verachtung für die Diplomatie und das Völkerrecht gezeigt", betonte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) bei der Vorstellung der geplanten Restriktionen. Diese sollen sich ihr zufolge zum ersten Mal auch gegen Krypto-Plattformen richten. Transaktionen in Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum oder Ripple würden verboten.
Die EU will damit verhindern, dass Russland mithilfe von Krypto-Tokens die bestehenden Sanktionen umgeht. Da Kryptotransaktionen außerhalb des traditionellen Bankensystems stattfinden, bieten sie ein potenzielles Schlupfloch. Durch die gezielte Sanktionierung von Krypto-Börsen, die russische Akteure bedienen, sollen diese Umgehungsmöglichkeiten geschlossen werden. Das soll den finanziellen Druck auf Moskau erhöhen.
Der Schritt ist aber umstritten: Krypto-Befürworter argumentieren, dass das Wesen der Blockchain-Technologie in ihrer Dezentralität und Zensurresistenz liege. Sanktionen, die sich gegen zentrale Krypto-Börsen richten, sehen sie als Eingriff in dieses Grundprinzip. Kritiker befürchten ferner, dass pauschale Sanktionen auch unbeteiligte russische Bürger treffen, die Kryptowährungen als Schutz vor der Inflation oder als alternative Anlagemöglichkeit nutzen. Die ukrainische Regierung hatte in der Vergangenheit sogar die pauschale Sperrung aller russischen Krypto-Konten gefordert, was international auf Widerstand stieß.
Krypto-Sanktionen sind umkämpft
Zugleich ist fraglich, wie wirksam solche Sanktionen sein können. Dezentrale Plattformen und private Krypto-Wallets sind schwer zu kontrollieren. Zwar können Transaktionen auf der Blockchain nachverfolgt werden, aber die Zuordnung zu einer Person bleibt schwierig: Betroffene könnten prinzipiell die Plattformen umgehen, die zur Überprüfung gezwungen werden. Die EU hat mit der Markets in Crypto-Assets Regulation (Mica) zudem bereits ein umfassendes Regelwerk für den Kryptomarkt geschaffen. Gegner sehen in den Sanktionen einen weiteren, potenziell über das Notwendige hinausgehenden Schritt, der die bestehenden Vorgaben konterkariert oder unnötig verkompliziert.
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Die EU werde stärker gegen Umgehungspraktiken im Finanzsektor vorgehen, unterstrich von der Leyen dagegen. "Die Methoden werden immer ausgefeilter, doch wir passen unsere Sanktionen an, um einen Schritt voraus zu sein." Deswegen komme auch ein Transaktionsverbot gegen weitere Banken in Russland und gegen Finanzhäuser in Drittländern, die mit diesen kooperieren. Zusätzlich sollen mehr direkte Ausfuhrbeschränkungen für Güter und Technologien in Kraft treten, die in Gefechten eingesetzt werden.
Den Hahn bei Flüssiggas zudrehen
"Die Kriegswirtschaft Russlands beruht auf Einnahmen aus fossilen Brennstoffen", sagte von der Leyen. "Wir wollen den Zugang zu diesen Einnahmen abschneiden." Deshalb werde die EU auch den Import von russischem Flüssiggas (LNG) in die Märkte Europas untersagen. Es sei an der Zeit, "den Hahn zuzudrehen". Die Mitgliedsstaaten seien vorbereitet, da sie "Energie gespart, die Versorgung diversifiziert und wie nie zuvor in kohlenstoffarme Energiequellen investiert" hätten.
Die großen russischen Energiehandelsunternehmen Rosneft und Gazprom "unterliegen nun einem vollständigen Transaktionsverbot", betonte von der Leyen. Auch die Vermögenswerte anderer Unternehmen würden eingefroren. "Wir verfolgen nun diejenigen, die Russlands Krieg anheizen, indem sie trotz der Sanktionen Öl kaufen", kündigte die 66-Jährige an. Die Maßnahmen richteten sich nun auch "gegen Raffinerien, Ölhändler und petrochemische Unternehmen in Drittländern" einschließlich China und Indien. Auch die "russische Schattenflotte" werde stärker sanktioniert.
Aus Brüsseler Kreisen ist zu hören, dass die wirksamsten Maßnahmen nur in enger Abstimmung mit den USA umgesetzt werden könnten. Ein hochrangiges Expertenteam sei daher nach Washington geschickt worden, um die Gespräche über strengere Wirtschaftsbeschränkungen und deren Durchsetzung fortzusetzen. US-Präsident Donald Trump erklärte aber, er sei nur dann bereit, "erhebliche" Sanktionen gegen Russland zu verhängen, wenn die NATO-Mitglieder vollständig aus dem russischen Ölgeschäft ausstiegen. Das gilt als große Herausforderung, da es Länder wie die Türkei, Ungarn und die Slowakei bisher abgelehnt haben, alternative Öllieferanten zu suchen.
(dahe)