Zahlen, bitte! TON 618: Riesiges Schwarzes Loch mit 66 Milliarden Sonnenmassen

TON 618 ist ein Quasar, in dem sich ein Schwarzes Loch mit wahrlich gigantischen Dimensionen befindet. So ziemlich alles daran gereicht zu Superlativen.

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Schwarze Löcher gehören zu den faszinierendsten Objekten im Kosmos. Allein die Tatsache, dass sie durch ihre Masse Lichtstrahlen und sogar die Raumzeit krümmen können, bringt die menschliche Vorstellungskraft an ihre Grenzen.

Wenn wie bei TON 618, ein Quasar mit einem gigantischen Schwarzen Loch im Zentrum, auch noch gewaltige Dimensionen hinzukommen, die selbst das Sonnensystem klein aussehen lassen, wird die Vorstellungskraft erst recht gesprengt.

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Als 1957 das 0,7 Meter-Schmidt-Teleskop im mexikanische Observatorium Tonantzintla (welches etwa 11 Kilometer westlich von Puebla und 33 km östlich vom Vulkan Popocatépetl liegt) den Himmelsbereich im Sternbild der Jagdhunde observierte, fiel ein blauviolett-schimmerndes Objekt auf den Fotoplatten auf. Die Astronomen Braulio Iriarte und Enrique Chavira suchten nach weißen Zwergsternen und hielten ihre Entdeckung für einen blass-blauen Stern und trugen ihn als Objekt 618 in den Tonantzintla-Katalog ein – daher der Name TON 618.

Zahlen, bitte!
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In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblĂĽffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natĂĽrlich der Mathematik vor.

Quasare waren in ihren Eigenschaften zu dem Zeitpunkt noch unbekannt und erst der niederländische Astronom Maarten Schmidt definierte sie im Jahr 1963 als "quasi sternartige Radioquellen". Sie gelten als die entferntesten beobachtbaren Objekte, die aufgrund ihrer enormen Leuchtkraft beobachtet werden können – damit liefern sie wertvolle Erkenntnisse für die Erforschung der Frühzeit des Universums. Man definiert sie als Kerne von Galaxien, die viel Energie über einen großen Wellenlängenbereich abstrahlen – und das nicht nur über Radiowellen.

1970 wurde in einer Radiowellen-Untersuchung festgestellt, dass TON 618 ebenfalls ein Quasar ist. Im Kern steckt ein supermassereiches Schwarzes Loch. Das Licht der dazugehörigen Galaxie wird vom Quasar überstrahlt, sodass die Galaxie selbst von der Erde aus nicht sichtbar ist.

Ganz unscheinbar sieht TON 618 auf Aufnahmen aus. Die Dimensionen werden erst klar, wenn einem bewusst wird, dass das Licht in dem blassblauen Punkt ĂĽber 10 Milliarden Jahre alt ist.

(Bild: CC BY 4.0, Sloan Digital Sky Survey, Apache Point Observatory, Astrophysical Research Consortium)

Auch die Entfernung ist enorm: Das Licht von TON 618 hat einen Weg von 10,4 Milliarden Jahren bis zur Erde hinter sich gebracht. Der Quasar erlaubt also einen weiten Blick zurück in die Anfangszeit unseres Universums. Die absolute Helligkeit von -30,7 mag entspricht dem 140-Billionenfachen der Sonnenleuchtkraft, was TON 618 zu einem der leuchtstärkeren Objekte überhaupt macht.

Die Daten des Schwarzen Lochs sind nicht weniger schwindelerregend: Der Schwarzschild-Radius von TON 617 hat eine Länge von 1300 astronomischen Einheiten oder 195 Milliarden Kilometer – eine Astronomische Einheit ist die Entfernung von der Erde zur Sonne und beträgt 150 Millionen Kilometer.

Die Masse wird auf 66 Milliarden Sonnenmassen geschätzt. Zum Vergleich: Sagittarius A*, das supermassenreiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße, kommt auf 4,15 Millionen Sonnenmassen sowie einen Schwarzschildradius von etwa 12 Millionen Kilometern.

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Das brachte TON 618 auch einen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde. Nach neuesten Erkenntnissen könnte ihm diesen Titel das Schwarze Loch im Phoenix Cluster streitig machen. Forscher schätzen Phoenix A auf bis zu 100 Milliarden Sonnenmassen. 

Waren lange Zeit Schwarze Löcher nur theoretisch messbar, faszinieren seit 2019 der Zusammenschluss weltweiter Teleskope zum Event Horizon Telescope mit Bildern von den Schwarzen Löchern in M87 sowie Sagittaurus A*, was aufgrund der Entfernung von TON 618 wohl nur ein Wunschtraum bleiben wird.

(mawi)