Chatkontrolle: WhatsApp und Threema äußern sich verhaltener als Signal

Nach Signals Drohung mit EU-Rückzug äußern sich WhatsApp und Threema zurückhaltender zur Chatkontrolle. Beide sehen die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gefährdet.

vorlesen Druckansicht 57 Kommentare lesen
App-Symbole von Signal und WhatsApp

(Bild: Henk Vrieselaar/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
close notice

This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Bei Signal war der Name in der vergangenen Woche Programm: Sollte die Europäische Union ihre Pläne für die Chatkontrolle einführen, werde sich der Messengerdienst aus der EU zurückziehen. Dieses Signal an die Entscheider – die EU-Kommission gehört bekanntlich selbst zum Kreis der Nutzer – war unmissverständlich. Jetzt folgen mit Stellungnahmen von den Messengerdiensten WhatsApp und Threema weitere Impulse. Beide äußern sich aber deutlich zurückhaltender zur Frage, wie sie damit umgehen würden, wenn die Überwachungspflicht wirklich kommt.

Eine Meta-Sprecherin sagte netzpolitik.org, dass der neue Vorschlag der dänischen EU-Präsidentschaft trotz gegenteiliger Behauptungen nach wie vor die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung untergrabe. Er gefährde damit die Privatsphäre, Freiheit und digitale Sicherheit aller. WhatsApp-Chef Will Cathcart forderte die EU-Länder in einem X-Post auf, "sich für mehr Sicherheit für ihre Bürger einzusetzen und den Vorschlag abzulehnen".

Der Schweizer Messengerdienstbetreiber Threema lässt in Blogposts auf seiner Seite keinen Zweifel darüber aufkommen, dass man die geplante Chatkontrolle für unvereinbar mit den eigenen Überzeugungen für Datensicherheit hält. Sollte die Chatkontrolle kommen, werde man alle Optionen gründlich prüfen, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme. Noch sind die Schweizer aber zuversichtlich, dass die gegenwärtigen Pläne gar nicht mit den Grundrechten der EU vereinbar sind und damit vor Gericht nicht standhalten.

Bei der geplanten Chatkontrolle der EU geht es darum, Darstellungen von Kindesmissbrauch zu finden und den Missbrauch effektiver zu bekämpfen. Betreiber von Messengern und Cloud-Diensten sollen dazu verpflichtet werden, auf den Geräten der Nutzer Chatnachrichten und hochgeladene Dateien zu überprüfen. Dieses sogenannte Client-Side-Scanning wird von Kritikern als Unterhöhlung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung angesehen. Diese gewollten Sicherheitslücken könnten leicht für andere Zwecke missbraucht werden.

Die dänische Ratspräsidentschaft hat das Thema wieder angeschoben. Deutschland hatte sich bislang gegen die Chatkontrolle ausgesprochen. Damit sie kommt, müssten mindestens 55 Prozent der Mitgliedstaaten (15 von 27) zustimmen. Diese müssten überdies 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren.

Der Chaos Computer Club nennt die Pläne für die Chatkontrolle eine "unveränderte Katastrophe für jegliche vertrauliche Kommunikation". In einem Blogpost bemängeln die Aktivisten, dass die Bundesregierung sich darüber ausschweigt, ob sie sich dem "gefährlichen Planen entgegenstellen wird." Die Idee, Texte, Bilder und Filme in Chats zu scannen, sei "falsch, gefährlich und zudem fehleranfällig". Der aktuelle Vorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft umfasse alle problematischen Maßnahmen, die bisher in der EU keine Zustimmung gefunden haben, schreibt der CCC.

"Sollte ein solches Gesetz zur Chatkontrolle auf den Weg gebracht werden, bezahlen wir nicht nur mit dem Verlust unserer Privatsphäre. Wir öffnen auch Tür und Tor für Angriffe auf sichere Kommunikationsinfrastruktur", sagt Elina Eickstädt, Sprecherin des Chaos Computer Clubs. Auch weitere NGOs appellieren an die Bundesregierung, bei ihrem Nein zur Chatkontrolle zu bleiben.

(mki)