IFA

Öffentlich-Rechtliche und Private üben "ein bisschen Frieden"

Vertreter von ARD, RTL und Springer waren sich bei der Eröffnung der IFA-Medienwoche einig, dass das "große Löschen" von Netzangeboten nach dem neuen Rundfunkstaatsvertrag nicht das Gelbe vom Ei war. Sie wollen sich künftig absprechen und "leiser" treten .

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Vertreter von ARD, RTL und dem Verlagshaus Axel Springer waren sich bei der Eröffnung der Medienwoche Berlin-Brandenburg im Rahmen der IFA am heutigen Montag einig, dass das "große Löschen" der Angebote öffentlich-rechtlicher Sendern infolge des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages nicht das Gelbe vom Ei war. "Wir haben über eine Million Dokumente über die letzten Jahre rausgeworfen", beklagte rbb-Intendantin Dagmar Reim. Manche ARD-Sender hätten bis zu 80 Prozent ihrer Online-Inhalte "depubliziert". Das nutze niemanden, da "kein Verleger einen Euro mehr verdient". Tobias Schmidt, Regulierungsexperte von RTL, räumte ein, dass der von der Politik aufgestellte Dreistufentest ein "verhältnismäßig sinnloses Verfahren" sei.

Die öffentlich-rechtlichen Anstalten mussten ihre Netzangebote bis Ende August auf Auswirkungen auf die private Konkurrenz, die Finanzierbarkeit und die publizistische Relevanz überprüfen. Das letzte Wort hatten dabei die Rechtsaufsichten der jeweiligen Bundesländer. Diese gaben in den vergangenen Wochen grünes Licht für die überarbeiteten Internet-Konzepte von ARD und ZDF, während Nutzervertreter und Verlegerverbände protestierten.

"Wir wollen ein bisschen Frieden versuchen", reichte Reim den Kontrahenten nun die Hand und plädierte für ein Ende der lautstarken Schaukämpfe. "Wir werden künftig nicht mehr machen, sondern weniger", betonte sie. Dies solle sich sowohl auf die Internetpräsenzen der Öffentlich-Rechtlichen beziehen, als auch auf ihr Programm. Einzelheiten wolle man in zwei bis drei Monaten verkünden. Man sei hier nahe dran an der britischen BBC, die ihre Online-Ausgaben um ein Viertel kürzen will. Die per Skype zugeschaltete BBC-Managerin Caroline Thomson führte aus, dass sich die Briten auf Bereiche wie "Weltklasse-Journalismus", der im Netz kostenfrei bleiben solle, Inhalte für Kinder und Großereignisse wie die Olympiade beschränken werde. Man müsse sich immer bewusst sein, dass öffentlich-rechtliche Sender letztlich "das Geld anderer Leute ausgeben".

Ein paar Sticheleien gegenüber der privaten Konkurrenz konnte sich Reim aber trotz des angekündigten Kurswechsels nicht verkneifen. Manche Verleger hätten das Thema Internet sehr lange ignoriert, merkte sie an. Deren Sehnsucht nach Paid Content sei "verständlich", werde sich aber nicht durch ARD/ZDF-Bashing erfüllen, solange etwa Spiegel Online kostenfrei bleibe. Dagegen stehen die Zeichen für Christoph Keese, Cheflobbyist bei Axel Springer, klar auf Paid Content. "Alle, die heute unsere Inhalte kostenlos nutzen, werden dafür Geld bezahlen müssen", sagte Keese. Das sei nötig, um das "Finanzierungsproblem" für Qualitätsjournalismus im Netz zu beseitigen. Mut mache die zunehmende Verbreitung von Smartphones und Tablet-Rechnern. So habe Springer bislang 240.000 Apps für Bild und Welt verkauft.

Generell bestätigte Keese, dass Verleger und Öffentlich-Rechtliche "viel miteinander reden". Er zeigte sich vorsichtig optimistisch, dass beide Seiten einen gemeinsamen Vorschlag zur Abgrenzung entwickeln könnten. Bisher hätten ARD und ZDF immer Fakten geschaffen und Inhalte produziert, bevor deren Umfang von den Aufsichtsgremien überhaupt begutachtet hätten. Es sei dann schwierig gewesen, das Rad wieder zurückzudrehen. (vbr)