Red Hat engagiert sich gegen Patente und öffnet Fedora weiter

Der US-amerikanische Linux-Distributor will Hemmnisse bei der Entwicklung von möglicherweise durch Patente betroffene Software beseitigen und durch die Übergabe von Fedora an eine unabhängige Stiftung die Attraktivität der Linux-Distribution steigern.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Red Hat hat ein Strategie zur Reform der Urheberrechts- und Patentpolitik vorgestellt, mit der der US-amerikanische Linux-Distributor Hemmnisse bei der Entwicklung freier Software aufgrund der teils unsicheren Rechtslage beseitigen möchte. Kernpunkte der Strategie sind die Übergabe des Fedora Project an eine unabhängige Stiftung, politische Aktivitäten gegen die derzeitigen und geplanten Softwarepatent-Richtlinien und -Gesetze sowie ein verbesserte Zusammenarbeit unter Software-Entwicklern.

Vorgestellt wurde das Konzept von Mark Webbink, Deputy General Counsel bei Red Hat, am letzen Tag des Red Hat Summit. Patente sind seiner Ansicht nach nicht mit Innovation gleichzusetzen -- vielmehr versuchen die Firmen mit ihnen Innovationen zu blockieren und Marktanteile zu wahren, selbst wenn sie durch wettbewerbswidrige Mittel erreicht wurden.

Durch die Übergabe der Fedora-Entwicklungsarbeit und den Urheberrechten an zu Fedora beigetragenem Quellcode an eine unabhängige, noch zu gründende Stiftung möchte Red Hat mehr Programmierer zur Mitarbeit an der Distribution animieren und Kritiker beruhigen, die den Einfluss des Distributors bei Fedora als zu groß ansehen. Im Fedora-Projekt entwickelte Red Hat bisher aktiv die zwei Mal pro Jahr erscheinende Linux-Distribution Fedora Core, deren nächste Version Fedora Core 4 Anfang nächster Wocher ansteht.

Fedora dient als Basis für die Enterprise-Produkte des Distributors -- alle maßgeblichen Entscheidungen trafen in dem 2003 gestarteten Community-Projekt bisher jedoch praktisch ausschließlich Mitarbeiter von Red Hat. Erst seit dem Start von Fedora-Extras hat die Community bei Fedora größere Bedeutung erlangt. Mit der Abgabe an die Stiftung will Red Hat sein Engagement aber keineswegs einschränken -- es ist geplant, weiter finanzielle und technische Unterstützung beizusteuern und Fedora als Basis für die eigenen Produkte verwenden. Erst vor zwei Tagen hatte Red Hat parallel mit der Ankündigung eines Directory-Servers und eines Certificate-Management-Systems das Fedora Directory Server Project gestartet. Dort will man zusammen mit den Open-Source-Programmierern die Weiterentwicklung der ehemaligen Closed-Source-Software von Netscape vornehmen, die Red Hat mit der Veröffentlichung unter die GPL stellte.

Das bereits bestehende politische Engagement gegen die Einführung von Softwarepatenten in Europa, etwa bei NoSoftwarePatents.com, will der Distributor weiter fortsetzen. Zudem ruft Red Hat zu einer Reform des Urheberrechts in den USA auf. Das eigenen Patentportfolio habe man einzig zum Zweck der Verteidigung gegen Patentansprüche Dritter aufgebaut. Patentanträge sollen in den USA nach der Ansicht von Red Hat genauer geprüft werden und zur Erteilung eine höhere Erfindunghöhe aufweisen. Zudem erhofft man sich eine einfachere Anfechtung fraglicher Patentanträge oder erteilter Patente.

Abrunden will Red Hat sein Konzept mit der Schaffung von "Software Patent Commons". In Anlehnung an die Bemühungen um einen neuen Umgang mit Urheberrecht und Geistigen Eigentum bei Creative Commons will der Distributor damit die freie Zusammenarbeit und den Gedankenaustausch unter Software-Entwicklern vereinfachen. Dadurch solle Hemmnisse bei der Progammierung von möglicherweise durch Patente betroffener Software beseitigt und so Open-Source als Entwicklungsmodell des 21. Jahrhunderts vorangetrieben werden. (thl)