3D-Druck erobert die Luft- und Raumfahrtbranche

Die U Bremen Research Alliance entwickelt 3D-gedruckte leichte Titanbauteile sowie umweltfreundliche Lacksysteme und smarte Reparaturkonzepte.

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Anastasiya Tönjes und Mika Altmann mit einem 3D-Bauteil in der Hand

Gemeinsam forschen Anastasiya Tönjes und Mika Altmann an neuen Materialien.

(Bild: U Bremen Research Alliance)

Lesezeit: 3 Min.

Mika Altmann sprüht vor Begeisterung für 3D-Druck: "Wir können mithilfe von Lasern Materialien entwickeln, die auf konventionellem Wege gar nicht erzeugbar sind. Wir können die Eigenschaften eines Bauteils bestimmen, seine Struktur, wie fest oder dehnbar er ist. Wir können aber auch kleinste Bereiche im Material anders gestalten." Die Potenziale des Verfahrens sieht Altmann noch längst nicht ausgeschöpft. Genau das treibt den Doktoranden am Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien an. Altmann arbeitet am Projekt "Technologien und Reparaturverfahren für nachhaltige Luftfahrt in Kreislaufwirtschaft" (TIRIKA).

Dabei geht es auch darum, Verfahren zu verbessern, mit dem 3D-gedruckte Titanbauteile wirtschaftlicher und ökologischer hergestellt werden können. Ein Bereich ist die Herstellung nicht sicherheitskritischer Verbindungselemente wie Brackets, die in vielen Bereichen eines Flugzeugs eingesetzt werden. Um die beim 3D-Druck entstehenden Poren der Bauteile zu schließen, werden diese bislang in einem komplizierten Verfahren einer Kombination aus Hitze, Druck und anschließender Abkühlung unterzogen. Das geschieht in einem Hochdruckzylinder bei Temperaturen bis zu 1.400 Grad Celsius bei 2.000 bar Druck unter Verwendung von Argon, einem Edelgas. Das Problem: "Das Verfahren ist energieintensiv und sündhaft teuer", so Altmann.

Das Team um Altmann variiert Temperaturbereiche und Zeiten, um Festigkeit, Härte und Dehnungsfähigkeit zu optimieren. "Den Hochdruckofen haben wir zum Beispiel mit zehn bis 15 Grad Celsius pro Minute aufgeheizt und mit bis zu 1.600 Grad Celsius pro Minute abgekühlt", erklärt der Forscher. Ziel ist, das Potenzial des schichtweise aufgebauten Materials zu maximieren, Grenzen auszuloten und Schwachstellen zu identifizieren. In zahlreichen Tests stellten die Wissenschaftler Proben her, analysierten deren Eigenschaften und verglichen die Ergebnisse eines Schutzgasofens mit denen des Hochdruckverfahrens. "Wir haben sehr vielversprechende Ergebnisse erzielt", betont Altmann.

Mit dem 3D-Druck beschäftigt sich auch das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM. Ein Forsschungsziel liegt in der vereinfachten Entfernung von Stützstrukturen, die komplexe Bauteile während des Drucks stabilisieren. "Nach dem Druck müssen sie sehr aufwendig per Hand entfernt werden", erläutert Stefan Dieckhoff, Abteilungsleiter Adhäsions- und Grenzflächenforschung am IFAM. Wie der Informationsdienst Wissenschaft (IDW) berichtete, wurden so bis zu 15 Prozent festere Bauteile entwickelt. Zugleich braucht die Herstellung weniger Material, um die angestrebten Eigenschaften zu erreichen. Gewichtseinsparung bedeutet besonders im Bereich Luft- und Raumfahrtechnik weniger Treibstoff und geringere Kosten, sowohl im Betrieb als auch bei der Herstellung der Bauteile.

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Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit rund 20 Millionen Euro geförderte Projekt TIRIKA vereint unter Leitung von Airbus Operations in Bremen etwa ein Dutzend Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft. Diese erforschen Ansätze für nachhaltige Luftfahrt, darunter Recycling von Metallen und Kunststoffen, Alternativen zu Gefahrstoffen, digitalisierte Prozesse, umweltfreundlichere Reparaturmethoden und Maßnahmen zur Gewichtsreduktion.

"Der Reiz von TIRIKA ist die Themenvielfalt. Das habe ich in dieser Größe und Breite bei einem Luftfahrtforschungsprojekt noch nicht erlebt", sagt Dieckhoff, der seit 1992 am IFAM tätig ist. "TIRIKA ist ein Leuchtturmprojekt, in dem viele unterschiedliche Disziplinen im Verbund mit Unternehmen gemeinsam für mehr Nachhaltigkeit in der Luftfahrt forschen. Das ist schon etwas Besonderes", pflichtet ihm Anastasiya Tönjes bei. Sie leitet am Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien die Abteilung Leichtbauwerkstoffe. Für Tönjes ist das Projekt auch ein Beleg für die Stärke des Wissenschaftsstandortes Bremen.

(usz)