VoIP-Anbieter auf der Suche nach neuen Nummern

Nach dem vor neun Tagen versandten Beschluss der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post dürfen ab übermorgen die VoIP-Anbieter die geographischen Rufnummern nur noch entsprechend dem Wohnort vergeben.

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Von
  • Monika Ermert

Nur noch bis morgen dürfen deutsche Voice-over-IP-Provider Rufnummern ortsfremd vergeben. Nach dem vor neun Tagen versandten Beschluss der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) dürfen dann die verschiedenen VoIP-Anbieter die geographischen Rufnummern nur noch entsprechend dem Wohnort vergeben werden. Vor allem für Anbieter wie Web.de, die bislang mit Rufnummern aus einem einzigen Ortsnetz -- 022 für Bornheim -- arbeiteten, musste schnell Ersatz her. Bei Web.de sollen neue Freephone-Kunden künftig etwa 01212-Nummern erhalten. Diese Nummern für "innovative Mehrwertdienste" nutzt Web.de bereits seit einigen Jahren für andere Dienste.

Zu Beginn müssen Kunden in Kauf nehmen, dass Anrufe auf diese Nummern wegen teurerer Routing-Preise mehr kosten. "Dafür darf man sich bei der Regulierungsbehörde bedanken", sagt Web.de-Vorstand Matthias Hornberger gegenüber heise online. "Wir werden aber mit Hochdruck daran arbeiten, dass die Nummern billiger geroutet werden." Die andere Option, die laut Hornberger darin bestanden hätte, künftig Nummernblöcke aus 5200 Ortsnetzen einzukaufen und dann wirklich regional bezogen zuzuteilen, wäre ein immenser administrativer Aufwand gewesen. "Das hätten wir schon gar nicht innerhalb einer Woche bewältigen können." Hornberger sieht generell einen Widerspruch darin, mit VoIP ein preiswertes digitales Kommunikationsmittel zu schaffen und gleichzeitig einen administrativen Moloch zu generieren, der vollständig die alten Telekomstrukturen abbildet.

2,5 Millionen Euro müsste jeder VoIP-Anbieter hinblättern, würde er Rufnummern aus allen Ortsnetzen einkaufen, sagt Sipgate-Sprecher Thilo Salmon. Über die vollmundige Ankündigung der Regulierungsbehörde, man wolle gleiche Wettbewerbschancen für alle schaffen, schüttelt er den Kopf. "Einmal abgesehen davon, dass wir vorerst noch nicht selbst die Nummern beantragen können, wäre es für die Regulierungsbehörde relativ einfach, uns die Beantragung als Konsortium zu genehmigen." Könnten fünf VoIP-Anbieter gemeinsam die Blöcke beantragen, wären sie mit einer halben Million Euro dabei.

Ein Blick zu den EU-Nachbarn zeige, dass dort wirklich etwas für den Wettbewerb getan werde. Sipgate hatte so etwa gestern angekündigt, dass man nach Österreich nun auch Rufnummern einer ganzen Reihe britischer Städte vergeben wird. In keinem der beiden Länder müssen VoIP-Anbieter für die Zuteilung der Nummern so tief in die Tasche greifen. Eine Gelegenheit zur Diskussion mit der britischen Ofcom gibt es in der kommenden Woche beim VoIP-Forum der RegTP.

Die kurze Fristsetzung für die Umstellung bestärkt die Anbieter nun noch in ihrem Eindruck, dass alternativen VoIP-Anbietern Steine in den Weg gelegt werden sollen. "Offensichtlich ist es die Absicht der Regulierungsbehörde, den Markt bewusst und politisch motiviert zu verhindern anstatt ihn zu schaffen", sagt Salmon. "Anders lässt sich das kaum erklären." Salmon unterstreicht damit Äußerungen des Freenet-Chefs Spoerr vom Anfang der Woche, dass es letztlich um Protektionismus zugunsten der Deutschen Telekom AG gehe. Dass die Telekom ihren Dienst T-Net vor Ort nicht mehr vermarkten darf, ist aus Sicht der VoIP-Anbieter ein Bauernopfer.

Juristische Schritte gegen die entgegen vorherigen Ankündigungen überaus kurzfristige Entscheidung haben in der vergangenen Woche alle betroffenen sieben Anbieter geprüft. Eine gerichtliche Entscheidung für einen Aufschub würde aber mehrere Wochen dauern. Außerdem will man den Kunden nicht unbedingt Provisorien zumuten. Alle bisherigen Kunden genießen aber erst einmal Bestandschutz bis zum kommenden August. Bei Web.de bekommen alle Altkunden gleich einmal eine 01212-Nummer zusätzlich zu ihrer bisherigen Nummer.

Siehe zum Thema VoIP auch:

(Monika Ermert) / (anw)