De Maizière will heimliche Online-Durchsuchungen auch zur Strafverfolgung

Der Bundesinnenminister hat ein umfangreiches neues Paket zur inneren Sicherheit geschnürt. Er fordert demnach erweiterte Befugnisse zum Einsatz des Bundestrojaners und der Quellen-TKÜ sowie Ausdehnung der Anti-Terror-Paragraphen.

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Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat einem Bericht der Welt zufolge ein umfangreiches neues Paket zur Stärkung der inneren Sicherheit geschnürt. Er fordert demnach unter anderem erweiterte Befugnisse zum Einsatz des Bundestrojaners und der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ), die beispielsweise zum Abhören von VoIP-Gesprächen eingesetzt wird. Ferner sollen zahlreiche Kompetenzen der Geheimdienste aus den nach dem 11. September teils rasch verabschiedeten Anti-Terror-Paketen verlängert beziehungsweise ausgedehnt werden. Ferner mache sich der CDU-Politiker für eine Verschärfung der erst vor einem Jahr beschlossenen neuen Anti-Terror-Paragraphen im Strafgesetzbuch (StGB) stark.

Die Wunschliste ist laut der Zeitung lang und erinnert in vielen Bereichen an die "Stoffsammlung für die kommende Legislaturperiode", die de Maizières Vorgänger und Parteikollege Wolfgang Schäuble vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr mehr oder weniger öffentlich zusammentrug. Die jetzige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete die Pläne damals als "Horrorliste". Die FDP-Politikerin sagte zu dem von ihrem aktuellen Kollegen im Innenressort wieder aufgewärmten Vorhaben nun dem Hamburger Abendblatt: "Wir haben uns in der Koalition darauf verabredet, mit dem Stakkato immer neuer Sicherheitsgesetze aufzuhören." Die Anti-Terror-Pakete, von denen viele Bestimmungen eigentlich Anfang 2012 auslaufen würden, seien zunächst "grundlegend zu überprüfen".

Das Innenministerium drückt dagegen auf die Tube und beruft sich dabei auf einen internen Evaluierungsbericht. Das Bundeskabinett muss seiner Ansicht nach bis spätestens Januar 2011 eine Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze beschließen. Zwölf der einschlägigen Regelungen von 2002 und 2007 sollen dem Bericht nach unverändert verlängert werden. Darunter befinde sich die Befugnis der Geheimdienste zum automatisierten Abruf von Kfz-Kennzeichen beim Kraftfahrtbundesamt. Neun andere Vorschriften wie die Erlaubnis für die Geheimdienstler, Auskünfte bei Fluggesellschaften, Banken und Telekommunikationsunternehmen einzuholen, sollten ausgeweitet werden.

Zudem macht sich de Maizière für den Einsatz heimlicher Online-Durchsuchungen zur Strafverfolgung stark. Bisher darf allein das Bundeskriminalamt (BKA) zur Abwehr terroristischer Gefahren verdeckt auf IT-Systeme Verdächtiger zugreifen. Der Innenminister drängt nun auf eine Verwertungsbefugnis für Daten, die mit dem Bundestrojaner gewonnen werden, in der Strafprozessordnung (StPO). Damit würde die bislang auf die präventive Abwehr von Terrorgefahren beschränkte und nach offiziellen Angaben noch nicht in Anspruch genommene Maßnahme als reguläres Beweismittel im Strafprozess zugelassen. Von ähnlichen Überlegungen der großen Koalition hatte sich die SPD im März 2009 distanziert, da gegen das 2008 überarbeitete BKA-Gesetz Verfassungsbeschwerden laufen. Das Bundesverfassungsgericht schränkte Anfang 2008 die Möglichkeit für Online-Inspektionen von Festplatten bereits stark ein und formulierte ein Grundrecht auf "Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme".

Weiter möchte der Innenminister für die Quellen-TKÜ eine klare Rechtsgrundlage für Strafverfolger und Geheimdienste. Bei der Maßnahme geht es um das Abhören von Internet-Telefonaten vor der Ver- beziehungsweise nach der Entschlüsselung direkt auf dem Rechner des Betroffenen. Die dazu eingesetzte Technik ist vergleichbar mit der für Online-Durchsuchungen, auch wenn bei der Quellen-TKÜ offiziell nur auf die laufende Kommunikation – nicht auf Festplatteninhalte – zugegriffen werden darf. Sie kann derzeit von Ermittlern auf Bundesebene allenfalls in einer rechtlichen Grauzone eingesetzt werden. Nicht zuletzt will de Maizière die öffentliche oder durch die Verbreitung von Schriften erfolgende Sympathiewerbung für eine terroristische Vereinigung unter Strafe gestellt wissen. Der Anwendungsbereich des umstrittenen Paragrafen 129a StGB zur Bildung einer terroristischen Vereinigung soll auf Taten, die im Ausland begangen werden, ausgeweitet werden. Das Mindeststrafmaß für alle Delikte mit Terrorbezug will das Innenressort erhöhen. (jk)